Ein Coup gegen den nuklearfreien Pazifik

■ Der Staatsstreich auf den Fidschiinseln kommt den USA sehr gelegen / Die abgesetzte Regierung wollte amerikanische Schiffe aus ihren Häfen verbannen / Lange Geschichte der indirekten Einflußnahme / Wurde der Putschoberst nur vorgeschickt ? / Neuseeland verliert Verbündeten für Anti–Atompolitik

Von Ulrich Delius

Als am letzten Donnerstag auf den Fidschiinseln die erst vor vier Wochen neugewählte Regierung vom Militär gestürzt wurde, waren sich Beobachter über die Ursachen des Umsturzes bald einig. Erklärt wurde der Staatsstreich mit den Ängsten der Ureinwohner gegenüber den im letzten Jahrhundert zugewanderten Indern, die mehrheitlich in der neuen Regierung vertreten waren. In Vergessenheit gerät dabei, daß die Absetzung der neuen Koalition aus Indern und Labour Party US–amerikanischen und australischen Verteidigungsexperten zumindest nicht ungelegen kommt. Die neue Regierung unter dem Arzt Timoci Bavadra ließ nämlich keinen Zweifel daran, daß Fidschi zukünftig eine Politik der Blockfreiheit verfolgen würde und sich für einen nuklearfreien Südpazifik einsetzen würde. Die Tragweite dieser Entscheidung wird erst klar, wenn man Fidschis Bedeutung für die Pazifikstrategie der USA betrachtet. US–Unterstaatssekretär John Monjo umschrieb die Rolle Fidschis 1986 folgendermaßen: „Fidschi war stets einer unserer verläßlichsten Unterstützer in der Region. Wenn ein besonders unerhörtes Vorgehen der Sowjetunion eine öffentliche Verurteilung erforderte, war Fidschi immer bereit. Es hat unseren Kriegsschiffen seine Häfen zu einer Zeit geöffnet, als mächtige politische Kräfte in der Region einen solchen Schritt ablehnten, und es hat eine konstruktive und nützliche Rolle bei den laufenden Verhandlungen über ein regionales Fischerei–Abkommen gespielt.“ Zwar untersagte Ratu Sir Kamisese Mara, der als Premierminister seit 1970 bis vor wenigen Wochen regierte, 1980 nuklearangetriebenen oder mit Atomwaffen bestückten US–Schiffen das Einlaufen in fidschianische Häfen. Doch schon zwei Jahre später wurde die Entscheidung ohne große Diskussion wieder aufgehoben, nachdem der neue US–Botschafter Eckert sich mit Ratu Mara angefreundet hatte und in den Medien über die Gefahr eines Vordringens der Sowjetunion parlierte. Die Fidschiinseln eröffneten eine Botschaft in Washington und die Reagan–Administration stellte dem von den niedrigen Weltmarktpreisen gebeutelten Zuckerexporteur 1,5 Mio. Dollar Wirtschaftshilfe und eine Erhöhung der Zucker–Importquoten in Aussicht. Mit US–Hilfe wurde ein Pazifisches Handelszentrum aufgebaut und auch zahlreiche Nichtregierungsorganisationen überfluteten das Land. Dank des Einsatzes von Ratu Mara richtete das Asiatisch–Amerikanische Institut für Freie Arbeit, das dem amerikanischen Dachverband AFL–CIO nahesteht, 1984 auf den Fidschiinseln sein Hauptquartier für den Südpazifik ein. Dieses geiselte die 1984 neugegründete Labour Party fortan nach Kräften als kommunistisch unterwandert. Das besondere Interesse der USA galt jedoch der Armee. Denn Fidschi ist weit und breit das einzige Land in der Region, das sich eigene Streitkräfte leistet. Seit 1979 nahmen fidschianische Offiziere an Fortbildungsseminaren der US–Armee teil. Seit 1983 bilden die USA auf eigene Kosten fidschianische Soldaten an US–Waffen aus. Bilaterale Militärhilfe in Höhe von 400.000 Dollar wurde 1986 bereitgestellt. Als Gegenleistung erwarten die USA, daß Fidschi die amerikanische Militärpolitik im Südpazifik unterstützt. Die USA wollen vor allem die Folgen der neuseeländischen Anti–Nuklearpolitik begrenzen und die Häfen der anderen Inselstaaten für ihre Marine offenhalten. Als Mann der Vereinigten Staaten im Pazifik leistete Ratu Mara bis zu seiner Niederlage bei den Parlamentswahlen im April dieses Jahres wertvolle Dienste. Er setzte sich nicht nur für eine Wiedereröffnung der Häfen ein, sondern machte auch seinen politischen Einfluß im Südpazifik geltend, um für die Haltung der USA zu werben. Vermutlich strebten die USA auch die Einrichtung einer Marine–Basis auf den Fidschis als Ausweichstandort für die unsicheren Stützpunkte auf den Philippinen an. Eine freundlich eingestellte Regierung und eine Armee unter Führung des Schwiegersohns des Regierungschefs schienen Stabi lität zu garantieren, billige Arbeitskräfte und brauchbare Infrastruktur waren ebenfalls vorhanden. Alle diese Hoffnungen wurden mit der überraschenden Wahlniederlage Ratu Maras zunichte gemacht. Obwohl der Premier im Wahlkampf geschickt an die altfidschianischen Ureinwohner appellierte, keine Inder zu wählen, und immer wieder versuchte, den ethnischen Konflikt anzuheizen, entschieden sich nicht nur die Inder, sondern auch städtische Fidschianer für die von Indern beherrschte NFP und die neugegründete Labour Party. Angesichts der wachsenden Arbeitslosigkeit und rückläufigen Tourismus–Einnahmen sahen sie in der einfallslosen Politik der seit der Unabhängigkeit regierenden Alliance Party keine Perspektiven mehr. Natürlich haben alle Staaten gegen den Staatsstreich der von Ureinwohnern dominierten Armee protestiert und dessen Ende am Dienstag begrüßt. Doch in Wirklichkeit dürfte den Regierungen der USA, Großbritanniens und Australiens das schnelle Ende der Herrschaft Premierminister Bavadras nicht ungelegen kommen. Zufrieden dürfte u. a. der US–Botschafter bei den Vereinten Nationen, Vernon Walters, sein, der nur wenige Tage vor dem Staats streich bei einem Besuch auf den Fidschis vor der libyschen und sowjetischen Gefahr warnte. Einzig die neuseeländische Regierung verliert mit Bavadras Sturz einen wichtigen Unterstützer ihrer Anti–Atompolitik. Die Ankündigung von Neuwahlen durch den Gouverneur liegt voll auf der Linie der USA, ließen sie doch im Nachbarstaat Belau bereits mehrmals über die Atomwaffenfreiheit abstimmen, um ein ihnen genehmes Ergebnis zu garantieren. Auch der Generalgouverneur auf den Fidschis hat Erfahrungen mit diesen Methoden. Als sich 1977 die Opposition nach ihrem Wahlsieg nicht sofort auf einen Premierminister einigen konnte, beauftragte der Vertreter der Krone kurzerhand den besiegten Premierminister mit der Regierungsbildung.