Die neuen Partner der CSU in Ecuador

■ Der von einer taz–Veröffentlichung ausgelöste Parteienfinanzierungsskandal in Ecuador dürfte auch die dort regierenden Christlich–Sozialen nicht unverschont lassen / Die Hanns–Seidel–Stiftung gab für ihre neuen „Partner“ schon vor der Genehmigung durch die Bundesregierung Geld aus

Von G. Gottwald und M. Rediske

Er hatte den Bonner Entwicklungshilfeminister gewarnt: Aristides Calvani, damals Präsident der Christdemokratischen Organisation Lateinamerikas, schrieb am 18.Oktober 1984 an den „Senor Doctor Jürgen Warnke“: Die Hanns–Seidel–Stiftung - sie steht Warnkes CSU nahe - solle besser davon Abstand nehmen, in Ecuador die dort gerade an die Regierung gekommene Christlich–Soziale Partei zu finanzieren. Diese sei nämlich „trotz ihres Namens eine politische Gruppierung, die die Interessen der Oligarchie und einer im politisch negativen Sinn dieses Wortes aggressiven Rechten vertritt“. Doch die Warnung erreichte ihren Adressaten nicht. Der Brief des Venezolaners Calvani blieb ausgerechnet in der Münchner Zentrale der Hanns–Seidel–Stiftung (HSS) hängen. Und dort hatte man längst entschieden, daß die „Entwicklungshilfegelder“, die das CSU–Anhängsel in Ecuador verbraten darf, einen neuen Empfänger erhalten sollten: Die Seidel–Stiftung kündigte ihren Kooperationsvertrag mit den eher liberalen Christdemokraten des Landes, die gerade die Wahlen verloren hatten. Zum künftigen Partner erkor sie die rechtsaußen stehende Christlich–Soziale Partei des neuen Staatspräsidenten Febres Cordero. Hätte Warnke damals den Brief Calvanis (dessen Original heute in der taz liegt) erhalten und ihn sich zu Herzen genommen, dann wären ihm und der Bundesregierung einige Peinlichkeiten erspart geblieben. Denn der Schwenk der CSUler führte in Ecuador 1985 zu einer papiernen Schlammschlacht zwischen ausgebooteten Christdemokraten, hineingehievten Christlich–Sozialen und ihrem deutschen (Ex–)Finanzier. Eine taz– Veröffentlichung der Interna am 24.Januar dieses Jahres und ihr Nachdruck in Ecuador brachten den Stein jetzt ins Rollen. Dort geht es mittlerweile um gesetzlich verbotene Parteienfinanzierung aus dem Ausland. Wie tief ist Ecuadors Regierung verstrickt? Die taz hat in ihrem Bericht belegt, daß Ecuadors Christdemokraten über eine Scheinstiftung namens FEEH von der Seidel– Stiftung deutsche Steuergelder erhalten haben. Der ehemalige FEEH–Chef und heutige Generalsekretär der Partei, Jamil Mahauad, hat daraufhin zugegeben, eine „kleinere Summe“ erhalten zu haben - runde 80.000 DM. Der christ–sozialen Regierung Ecuadors kommen Enthüllung und Schuldbekenntnis des Christdemokraten gerade recht: Eine ihr nahestehende Illustrierte hat den taz–Artikel mit dreimonatiger Verspätung, aber pünktlich zum Beginn des Vorwahlkampfes im Blatt plaziert. Doch jetzt fragt die ecuadorianische Presse auch nach, wie die dortige Regierung nach der Wende der Seidel–Stiftung vom bundesdeutschen Geldsegen profitiert hat. Tatsächlich ging der Umstieg nicht ganz koscher, dafür aber umso rascher vonstatten. Kaum hatte (am 14.12.84) der abservierte Partner, FEEH–Chef Mahauad, die letzte Quittung unterzeichnet, da tauchte im Januar 1985 in Ecuadors Hauptstadt Rainer Gepperth, Auslandschef der Hanns–Seidel–Stiftung, auf. Er traf sich gleich mit den ins Auge gefaßten neuen Projektpartnern: dem Rektor der Politechnischen Universität (EPN) und dem Chef der nationalen Entwicklungsbehörde (CONADE), Blasco Penaherrera - der zufällig auch noch das Amt eines Vizepräsidenten der Republik bekleidet. Die FEEH–Stiftung, die sich zuerst gegen die abrupte Kündigung wehrte, zwang man wenig später, „freiwillig“ auf den Vertrag mit der Seidel–Stiftung zu verzichten: Sie konnte nämlich kein „Rahmenabkommen“ zwischen Ecuadors Regierung und der HSS vorweisen. Die neuen Partner der CSUler dagegen hatten damit keine Probleme: Am 19.2.86, konnte die HSS dem zuständigen Bundesministerium mitteilen, der „Zusammenhang“ zwischen den Verhandlungsfortschritten wegen einer Regierungsvereinbarung und „einer möglichen Projektzusammenarbeit mit CONADE...ergab sich quasi problemimmanent“. Geldsegen für die neuen Partner Und dann ging es Schlag auf Schlag. Einen Änderungsantrag beim Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit (BMZ) hatten die Seidel–Leute schon am 4.12.84 eingereicht - lange, bevor mit den neuen Partnern Kooperationsverträge geschlossen wurden. Mit einer „Partneränderung“ sollte das ehemalige FEEH–Projekt unter der alten Nummer G 8428740 weiterlaufen. Am 15.6.85 fand im Münchner Hauptquartier dann die Vertragsunterzeichung zwischen Seidel–Stiftung und Ecuadors Vizepräsident Penaherrera statt. Mit der Technischen Universität kam ein Abkommen erst im Dezember 1985 - ein Jahr nach Antragstellung beim BMZ - zustande. Aber Geld hatte man schon fleißig ausgegeben, wie die HSS (am 19.2.86) dem Ministerium mitteilte: Für 1985 habe man „außer den Ausgaben für den Auslandsmitarbeiter (der HSS, d.Red.) auch Ausgaben für Bildungsmaßnahmen abgerechnet, die in dem Abrechnungszeitraum bereits vor Ihrer o.g. Bewilligung mit dem Partner veranstaltet worden sind“. Für das HSS–“Projekt“ mit der Technischen Universität bewilligte das Bundesministerium am 27.12.85 insgesamt 399.000 DM. Bislang hat allerdings die Bundesregierung nicht offenbart, aus welchem Topf diese Gelder geschöpft wurden. Der sogenannte Soll–Ist–Vergleich des Bundeshaushalts, der alle genehmigten Beträge zusammenfaßt, weist nämlich nur lumpige 30.000 Mark für jenes Jahr aus. Bisher hat die Bundesregierung nicht bekanntgegeben, womit sie das Loch gestopft hat. Sollten es vielleicht die 1,4 Millionen aus dem Vorjahr gewesen sein, die eigentlich der dann in Ungnade gefallenen FEEH zugedacht waren? Der Verdacht liegt nahe, nachdem man das FEEH–Projekt unter dem alten Namen weiterlaufen ließ. Und in der Antwort auf eine Anfrage des Grünen–Abgeordneten Ludger Volmer vom 2.4.87 drückt sich die Bundesregierung auch darum, wo die 1,4 Millionen denn abgeblieben sind: Erwähnt werden lediglich Ausgaben von 248.035 DM „für das Haushaltsjahr 1984“. Was aber war 1985? Noch großzügiger zeigte sich das CSU–geführte Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit in den folgenden Jahren. Am 28.4.86 genehmigte es 679.000 DM für 1986 und schon einmal 391.000 für 1987. Geld, das in der ursprünglichen Haushaltsplanung, den für die Abgeordneten bestimmten „Vertraulichen Erläuterungen“, zuvor nicht aufgetaucht war. Kaum war dies genehmigt, sattelte die Seidel–Stiftung noch eins drauf. Sie beantragte noch einmal 2,3 Millionen für 1987. Minister Warnke ließ sich nicht lumpen und nahm die Kleinigkeit als „bereitgestellt“ in den Haushaltsplan auf. Niemand weiß, wie die CSU– ler solche Summen in „entwicklungspolitischen Projekten“ anlegen wollen, die erst im vergangenen Jahr offiziell begonnen haben. Außer fleißigem Antragstellen und ebenso fleißigem und promptem Genehmigen durch die Bundesregierung lief davor jedenfalls nichts...oder hätte nichts laufen dürfen.