Fahrlässige Tötung

■ Zum Schachtunglück von Gorleben

Im Schacht von Gorleben hat ein herunterstürzender Sicherungsring einen Arbeiter erschlagen. Was anfangs wie ein „gewöhnlicher“ bergmännischer Unfall aussah, erfüllt den Tatbestand der fahrlässigen Tötung. Der Unfall resultierte nicht aus einem Materialfehler oder schlampiger Schachtabsicherung, sondern aus einer kriminellen Energiepolitik, die ein atomares Endlager in einer geologischen Formation bauen will, die völlig instabil ist. Dies war spätestens seit dem 1. Juni 1982 bekannt, als der Kieler Geologe und vom Bundesforschungsministerium amtlich bestellte Gutachter, Prof. Duphorn seine Expertise über den Salzstock Gorleben vorlegte. Das Gutachten war vernichtend und endete mit einem „einzigen Ratschlag“: „Die Erkundung anderer Lagerstätten!“ Duphorn wurde vom BMFT kalt abserviert, sein Vertrag nicht verlängert, sein amtliches Gutachten, Ergebnis dreijähriger Arbeit, wurde zu „Behauptungen“ eines Mannes degradiert, „der weit über seinen vertraglich festgelegten Rahmen hinausgegangen ist“ (Originalton BMFT). Duphorn - damals noch Befürworter der Atomenergie - hatte die falschen Ergebnisse geliefert. Schon damals war klar: Eine Abkehr vom Atomklo Gorleben war nicht mehr möglich. Einen neuen Standort suchen, ihn gegen neuen Widerstand durchsetzen, wieder bei Null anfangen, um eventuell nach fünf Jahren Erkundung erneut festzustellen, daß die ausgesuchte Formation kein bleierner Mülleimer, sondern ein lebendiges Stück Erde ist, das wollte niemand riskieren. Zuviel Geld, Arbeit, Zeit, Ideologie war in Gorleben investiert worden, um in dieser Einbahnstraße noch zu wenden. Der Bergmann im Gorlebener Schacht starb an der Ignoranz und Durchmarschpolitik, die das Endlager im Wendland um jeden Preis bauen läßt. Den Opfern kondoliert der Bundesforschungsminister persönlich. Manfred Kriener