Berufsverbot für AIDS–Kranke?

■ Nach einem umfangreichen Gauweiler–Papier sollen bestimmte berufliche Tätigkeiten bei AIDS–Verdacht verboten werden / Grüne legen eine Petition gegen den bayerischen Maßnahmenkatalog vor

Aus München Luitgard Koch

In einem 40seitigen Papier aus dem Bayerischen Innenministerium werden noch weitreichendere Zwangsmaßnahmen als die bisher bekannten gegenüber HIV– Positiven in Erwägung gezogen. Die von den Juristen ausgearbeiteten Ausführungen sind von Staatssekretär Gauweiler in Auftrag gegeben und jetzt den bayerischen Grünen zugespielt worden. Rechtlich abgesichert ist danach auch ein Berufsverbot für AIDSkranke Gastwirte. „Die für das Betreiben eines Gaststättengewerbes erforderliche Erlaubnis ist nach § 4 Abs. 1 GastG zu versagen, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß der Antragsteller die für den Gewerbebetrieb erforderliche Zuverlässigkeit nicht besitzt, insbesondere zu befürch ten ist, daß er (...) die Vorschriften des Gesundheits– und Lebensmittelrechts nicht einhalten wird“, zitieren die Juristen das Gaststättenrecht als Grundlage für solche Zwangsmaßnahmen. Rechtlich abgesichert sei auf jeden Fall die Erteilung von Auflagen für HIV– positive Wirte. Welche Tätigkeiten untersagt werden können, sei nach den jeweiligen Gegebenheiten des Einzelfalles zu entscheiden. Nach dem Bundesseuchengesetz könne HIV–positiven Personen die Ausübung bestimmter beruflicher Tätigkeiten ganz oder teilweise untersagt werden, heißt es weiter. Das Papier enthält auch Ausführungen zur Definition von ansteckungsverdächtigen Personen. Danach sind auch Personen „mit übertragungsgeeigneten Kontakten zu HIV–Positiven“, so etwa Ehefrau, Freundin und Verlobte, ansteckungsverdächtig. Zur Entschädigungspflicht bei Maßnahmen gegenüber HIV–positiven Prostituierten heißt es, der sittliche Unwert der untersagten Tätigkeit müsse nach dem Bundesseuchengesetz eine Ablehnung der Entschädigung zur Folge haben. Der öffentlichen Hand könne es deshalb nicht zugemutet werden, mit Entschädigungsforderungen belastet zu werden, die die Verhinderung eines anstößigen Erwerbs ausgleichen sollen. „Damit deutlich gemacht wird, daß Bayern nicht ganz eingeschwärzt ist, werden wir diese Petition an den bayerischen Landtag auslegen und möglichst viele Unterschriften sammeln“, stellte gestern der Vorstandssprecher der bayerischen Grünen, Eberhard Bueb, einen ausgearbeiten Maßnahmenkatalog vor, der sich gegen die Grundrechtsbeschneidungen durch den rigorosen Maßnahmenkatolog zur AIDS–Bekämpfung der bayerischen Staatsregierung wendet. Gefordert wird an erster Stelle die Aufhebung des beschlossenen Katalogs. Des weiteren soll eine Aufklärungskampagne auch in ländlichen Regionen gestartet werden, die von kompetenten Wissenschaftlern und AIDS–Hilfegruppen erarbeitet wird. Ebenso wird ein Antidiskriminierungsgesetz gefordert. Spezialkliniken zur „Absonderung“ von AIDS–Kranken dürfen nicht eingerichtet werden. Wer diese Petiton unterstützen will, kann sich an die Landesgeschäftsstelle der bayerischen Grünen wenden. Der Petition soll ein bundesweiter Aufruf folgen.