„Barbie war ein Tier“

■ Im Prozeß gegen den „Schlächter von Lyon“ die Aussage der Zeugin Lise Lesevre

Aus Lyon Lothar Baier

Die heute 86jährige ehemalige Widerstandskämpferin Lise Lesevre hat gestern, am 10. Verhandlungstag, vor dem Schwurgericht in Lyon den abwesenden Klaus Barbie grausamer Folterungen beschuldigt. Zwischen ihrer Festnahme am 1. März 1944 und dem Abtransport aus Lyon am 1. Mai ist die als Nebenklägerin auftretende Lise Lesevre immer wieder verhört, geschlagen, an mit Krallen versehenen Handschellen festgebunden, an den Händen aufgehängt, in die Badewanne getaucht worden, von Barbie selbst, wie sie aussagte, oder auf seine Anordnung. Barbie habe sich „wie ein tollwütiges Tier“ aufgeführt und sich bei den Folterungen mit Alkohol vollaufen lassen. Nach den letzten Folterungen, bei der sie am Rückgrat verletzt wurde, sei sie von einem normalen Militärgericht der deutschen Wehrmacht zum Tode verurteilt worden, als „Terroristin“. Statt das Urteil zu vollstrecken, hätte man sie danach deportiert, zunächst ins KZ Ravensbrück, dann zur Zwangsarbeit in eine Munitionsfabrik nach Leipzig. Am Ende ihrer erschütternden Aussage konnte Lise Lesevre allerdings nicht die für den Barbie–Prozeß entscheidende Auskunft geben, ob es nämlich Klaus Barbie persönlich war, der ihre Deportation nach Ravensbrück angeordnet hatte. Siehe auch Seite 7