Erosionen in der Hamburger GAL

■ Heftiger Streit bei grüner Landesversammlung um Wahlniederlage / Ex–MdB Reents will „das Projekt GAL“ verändern / Koalitionssignale von SPD–Linken: Einstieg in Rot–Grün in der Mitte der Legislaturperiode

Aus Hamburg Tom Janssen

Auf ihrer gestrigen Mitgliederversammlung, die mit 500 Teilnehmer/innen außergewöhnlich gut besucht war, entbrannte in der Hamburger Grün–Alternativen Liste ein heftiger Streit über die verlorene Bürgerschaftswahl vom 17. Mai. Die GAL sackte von 10,4 auf sieben Prozent und eröffnete damit den Weg für eine SPD/ FDP–Koalition. In einer teilweise aggressiven Atmosphäre bezichtigen sich Mehrheit und Minderheit gegenseitig, für das Wahldesaster verantwortlich zu sein. Aus dem mit ökofundamentalistischer Mehrheit besetzten Landesvorstand wurde der Minderheit vorgeworfen, sie hätte die Rolle eines „trojanischen Pferdes“ für die SPD in der GAL gespielt. Sie hätte sich als „Kronzeuge gegen die eigene Partei“ mißbrauchen lassen. Der grüne Bundestagsabgeordnete Thomas Ebermann meinte, daß gegen die kommende sozialliberale Koalition nur eine kompromißlose Oppositionspolitik helfe. Ein Ausnutzen der SPD/FDP– Differenzen, wie Vertreter der Minderheit forderten, sei eine Fortsetzung der Politik, „die SPD nur noch rosarot zu sehen“. Entsprechend hart konterte die Minderheit. Erst hätte die Mehrheit durch ihre Verweigerungspolitik der SPD grüne Wähler scha renweise in die Arme getrieben und nun würde sie sich vor der politischen Verantwortung drücken. Die einzige Antwort der Mehrheit zu dieser Katastrophe sei eine zunehmende Minderheitenhetze. Zuvor hatte die Minderheit auf mehreren Sitzungen versucht , gemeinsamen Konsens gegenüber der Mehrheit zu finden. Langfristig will aus der GAL heraus eine Gruppe um den ehemaligen grü nen Bundestagsabgeordneten Jürgen Reents die marode Partei verändern. Die Niederlage bezeichnete Reents als „selbstverschuldet und hausgemacht“. Das Projekt GAL steht zu Erneuerungen an.“ Für eine Gruppe um Hamburgs populärste GALierin, Thea Bock, geht es nun vor allem darum, die praktische Oppositionsarbeit im Parlament so zu organisieren, daß die SPD bei den ersten harten Kontroversen mit ihrem Koalitionspartner FDP aus der für alle GALier unheiligen Ehe aussteigen kann. Der auch in Koalitionsverhandlungen unumstrittene Sozialsenator Jan Ehlers (SPD) propagierte gegenüber der taz deutlich einen denkbaren Koalitionsausstieg der SPD und eine dann mögliche rot– grüne Perspektive Mitte der Legislaturperiode.