Zu große Hoffnungen

■ Zum Gorbatschow–Besuch in Rumänien

Die Menschen in Rumänien, die noch 1968 beim Einmarsch der Warschauer Pakt Truppen in die CSSR zum Kampf für die nationale Unabhängigkeit bereit waren, setzen nun auf die Sowjets. Eine durch den wirtschaftlichen Niedergang an die Armutsgrenze gedrückte und durch die berüchtigte politische Polizei „Securitate“ systematisch eingeschüchterte Bevölkerung klammert sich an den Hoffnungsträger Gorbatschow wie an einen Strohhalm. Es ist jedoch unwahrscheinlich, daß Gorbatschow dieser Rolle gerecht werden kann. Denn Voraussetzung einer grundsätzlichen Veränderung der Verhältnisse in Rumänien wäre die Absetzung des Ceausescu–Clans. Und die kann auch der Kremlchef nicht so mir nicht dir nichts durchsetzen, selbst wenn er es wollte. Anders als in den meisten Ländern des Sozialistischen Lagers wächst der rumänischen Partei kein neuer Flügel, der eine neue Politik in dem gebeutelten Land durchsetzen könnte. Dafür hat Ceausescu gesorgt. Was Gorbatschow bleibt, ist der ökonomische Hebel. Für die Öl– und Rohstofflieferungen bekommt die Sowjetunion Minderwertiges zurück. Vielleicht reicht der Wink mit diesem Zaunpfahl aus, Ceausescu wenigstens dazu zu bewegen, die Reden des Kremlchefs aus der Illegalität herauszuholen. Grundlegenderes ist von dem Besuch nicht zu erwarten. Erich Rathfelder