Radio Dreyeckland demnächst legal?

■ Zum zehnjährigen Jubiläum des Alternativ– Radios mehren sich Zeichen der Lizenz–Erteilung

Aus Freiburg Thomas Scheuer

Die Sektkorken halten dem Druck kaum noch stand, die Cocktails sollen so bunt und chaotisch sein wie das Programm - auf Hochtouren laufen derzeit die Vorbereitungen zum gigantischen Geburtstagsfest für „Radio Dreyeckland“ (RDL), das am nächsten Samstag in der Freiburger Grether–Fabrik steigen soll. Denn vor zehn Jahren, exakt: am 4. Juni 1977, bestrahlten die Äther–Piraten erstmals die aufmüpfige Region - von einem besetzten Strommast beim elsässischen Dörfchen Heiteren herunter. Anlaß des Wellenritts: das nahegelegene AKW Fessenheim, für das dieses Jahr ebenfalls der zehnte Jahrestag der Inbetriebnahme ansteht. Beide strahlen immer noch. Doch während die elsässischen Ableger des zähen Regionalsenders seit Jahren lizensiert dem alternativen Radio–Alltag nachgehen, blieb die Freiburger Antenne in die Illegalität verbannt. Über Jahre hinweg waren die Dreyeckland–Äther–Piraten Peil–Fahndung und Prozessen ausgesetzt. Das Kapitel „Hauptsache alles illegal“ kann nun im zehnten Jahr womöglich abgeschlossen werden. Rauchzeichen aus Stuttgart bestätigen nämlich die Erwartung der Dreyeckländer, demnächst konzessioniert und zollfrei Fortsetzung Seite 2 Großraum Freiburg beschallen zu dürfen. In der Landeshauptstadt liegt die Landesanstalt für Kommunikation in den letzten Zügen der Entscheidungsfindung über die Vergabe der Lokalfunk–Frequenzen nach dem neuen Landesmediengesetz. Diese gestaltete sich recht mühsam, da es fast allerorten mehr Bewerber als Frequenzen gibt. Das einzige bislang zugelassene Lokalradio pustet in der Trompeter– Stadt Bad Säckingen am Hochrhein - es gab dort keine weiteren Bewerber. In Freiburg dagegen liegen drei Haupt–Anwärter in der Endrunde um die zwei zu vergebenden Frequenzen: Neben RDL der Badische Verlag, der das regionale Monopolblatt „Badische Zeitung“ verlegt, sowie FR1, unter dessen Dach sich mehrere Ex– Journalisten des ehemaligen „Stadtradios“ scharen und das seinerzeit als einjähriges Pilotprojekt noch vor der Verabschiedung des Landesmediengesetzes die Ära des Privatfunks in Baden– Württemberg einleitete. Nach allem, was aus Stuttgart bisher verlautete, können sich sowohl RDL als auch FR1 Hoffnungen auf eine Frequenz machen. „Ich persönlich kann mir keine andere Entscheidung vorstellen,“ meinte der Vorsitzende des FR1– Fördervereins, Dr. Schieber gestern auf Anfrage der taz. Schlechte Karten hat der Badische Verlag, weil er sich einerseits als einziger der Antragsteller absolut gesprächs– und kooperationsunwillig zeigte, und weil andererseits der Zuschlag für den Verlag einem regionalen Medienmonopol Vorschub leisten würde. Ob der Zeitungs–Verlag überhaupt noch „echt interessiert“ an einem eigenen Lokalradio ist, dünkt Herrn Schieber von FR1 angesichts dessen „Pokerspiels“ zweifelhaft. FR1 könne sich übrigens, so Schieber, eine friedliche Koexistenz von FR1 und RDL im Äther über Freiburg gut vorstellen. Kein Wunder: Stellt das nicht kommerzielle Alternativ–Radio doch im Gegensatz zum Badischen Verlag keine Konkurrenz auf dem Werbemarkt dar. Die endgültige formelle Entscheidung, so ein Mitglied der Kommunikationsanstalt gestern, stehe freilich noch aus. RDL könne sich „sicherlich berechtigte Hoffnungen“ machen; der Antrag sowie das Finanzierungskonzept seien juristisch tadellos. Die Stuttgarter treibt derweil die Frage um, wie dem südbadischen CDU–Klientel die Legalisierung des langjährig verteufelten Piraten–Senders bei gleichzeitiger Abfuhr für den Badischen Verlag zu vermitteln sei. Für den gestrigen Dienstag waren Vertreter von FR1 und Badischem Verlag zwecks Einigungsverhandlungen noch einmal in die Landeshauptstadt geladen.