Raketenbasis Hasselbach Alle Zufahrten blockiert

■ Friedensbewegung blockiert Cruise–Missile–Station in Hasselbach / Bundesregierung soll „Bremser–Rolle“ in der Abrüstungsdebatte aufgeben

Aus Hasselbach R. Gramm

Alle Zufahrten der Cruise–Missile–Station in Hasselbach waren gestern ab sechs Uhr morgens von Demonstranten blockiert. Baustellen– oder Militärfahrzeuge versuchten - zumindest bis Redaktionsschluß der taz - gar nicht erst die Blockade zu überwinden. 500 Menschen, darunter die gesamte neugewählte Landtagsfraktion der rheinland–pfälzischen Grünen, beteiligten sich gegen Mittag an der für zwei Tage geplanten Blockade–Aktion der Friedensbewegung. Erklärtes Ziel der Aktion ist es, Druck auf die Bundesregierung auszuüben, damit diese als Antwort auf die sowjetischen Abrüstungsangebote die Cruise–Missile–Raketenbasis sofort schließt und ihre Rolle als „großer Bremser“ aufgibt. Die US–Streitkräfte, für die gestern kein Feiertag war, hatten sich offensichtlich auf die Blockade eingestellt und ihre Soldaten am Vorabend gar nicht erst aus der Basis gelassen. Die Polizeiführung signalisierte bereits im Vorfeld, daß sie nichts unternehmen werde, solange die Demonstranten nur vor den Toren sitzen. Wenn aber ein Fahrzeug an der Ein– oder Ausfahrt gehindert würde, werde geräumt. Das, so ein Blockierer, sei die „Hunsrücker Linie“, bei der die Staatsmacht Ordnung und Sicherheit der Militäranlagen mit „dezenten Mitteln“ gewährleisten will und nur repressiv in Erscheinung tritt, wenn die Aktionen wirklich den Militärbetrieb behindern. Zu dem einzigen Polizeieinsatz kam es gestern morgen, als kurz vor sieben Uhr Mitglieder von Pax Christi begannen, direkt an der Militärmauer ein Loch zu graben. „Hier baut für Sie die Friedensbewegung ein Atomraketenlager ab“, erläuterte ein aufgestelltes Schild. Weil das Graben „Sachbeschädigung“ sei, beschlagnahmte die Staatsmacht schließlich den Spaten. Fortsetzung auf Seite 2 Allerdings konnte sie nicht erklären, was eigentlich beschädigt werde und gegen welche Paragraphen denn das Buddeln eines Lochs verstoße. Ein amerikanischer Soldat wurde später aus der Station geschickt, um unter Polizeischutz das Loch wieder zuzu schaufeln. Zur Erheiterung der Demonstranten beerdigte er ein in die Grube gelegtes Verteidigungsweißbuch der Bundesregierung gleich mit. Da es ansonsten keine direkte Konfrontation gab, wurde viel gesungen und diskutiert. Am Mittag breitete sich schließlich eine Mischung aus Vatertags– und christlicher Himmelfahrtsstimmung unter den Demonstranten aus. Die Tatendurstigen versahen wenigstens den gerade für über eine Viertelmillion Mark angebrachten „Anti–Graffiti–Anstrich“ der Militärmauer mit zahlreichen Graffities. Unter den Blockierern wurde am Nachmittag diskutiert, ob man den ursprünglichen Zeitplan für die Blockade nicht erweitern solle, um „für die Amerikaner weniger berechenbar“ zu sein. 159 Bußgeldbescheide wegen Nötigung waren nach der Blockade im letzten November versandt worden. Gerade am Montag waren im zweiten Verfahren in dieser Sache vier Teilnehmer jener Blockade zu Geldstrafen zwischen 450 und 1.890 Mark verurteilt worden.