Grüner Abgeordneter verläßt Partei

■ Wüppesahl, der „grüne Kripobeamte“, sieht sich von seinem Ortsverband in Schleswig–Holstein im Stich gelassen / Hintergrund ist die Kampagne des MdB gegen ein Krankenhaus / Wüppesahl bleibt Abgeordneter

Von Charlotte Wiedemann

Bonn (taz) - Der Parteiaustritt des grünen Bundestagsabgeordneten Thomas Wüppesahl hat keine bundespolitischen Ursachen, sondern geht auf örtliche Auseinandersetzungen in Wüppesahls Ortsverband Geesthacht und im Landesverband Schleswig– Holstein zurück. Thomas Wüppesahl, der als „grüner Kripobeamter“ bekannt wurde und in Bonn zu den linken Fraktionsmitgliedern gerechnet wird, erklärte seinen Austritt am Sonntag nach einem Streit auf der Jahresversammlung seines Heimatwahlkreises. Der grüne Bundesvorstand sowie der Fraktionsvorstand in Bonn hatten vergeblich versucht, ihn von diesem Schritt zurückzuhalten. Die für Außenstehende recht verworrenen Konfliktlinien in Geestacht lassen sich vereinfacht so skizzieren: Von einer vor anderthalb Jahren begonnenen Kampagne Wüppesahls gegen offensichtlich skandalöse Zustände im örtlichen Johanniter–Krankenhaus hatten sich einige Parteimitglieder in scharfer Weise öffentlich distanziert. Infolge dieses Streits spaltete sich der Ortsverband. Eine Minderheit hält zu Wüppesahl, der sich mittlerweile wegen seiner Vorwürfe gegen die Krankenhaus–Ärzte vor Gericht verantworten muß, nachdem ihm zumin dest in drei Fällen die Immunität als Abgeordneter entzogen wurde. Der Landeshauptausschuß der Grünen Schleswig–Holsteins hatte zwar zwischenzeitlich die öffentlichen Distanzierungen von Wüppesahl als „unverantwortlich“ bezeichnet, aber die Kreisversammlung am vergangenen Sonntag lehnte mehrheitlich das Ansinnen ab, Ausschlußanträge gegen vier Wüppesahl–Gegner an die Schiedskommission zu befördern. Wüppesahl wertet das als „Entsolidarisierung“: Damit sei ihm für die Prozesse gegen die Ärzte der „Boden unter den Füßen weggezogen worden“. Das Faß lief für ihn offensichtlich über, als ihm auf der sonntäglichen Versammlung noch ein Gänseblümchen mit aufgemaltem Hakenkreuz überreicht wurde. Heino Schomaker, Geschäftsführer der Schleswig–Holsteinischen Grünen: „Es ging überhaupt nicht darum, Wüppesahl in die Nähe des Faschismus zu rücken.“ Wüppesahl habe sein „persönliches Gekränktsein zum alleinigen Maßstab gemacht“. Während Schomaker als Forderung des Landesvorstands mitteilte, Wüppesahl müsse sich auf einer Landesversammlung am 13.Juni die Vertrauensfrage stellen lassen, sieht der Abgeordnete selbst keinen Anlaß, sein Mandat zurückzugeben.