Gutachten zur Friedensforschung

■ Drei Institute, die sich mit Friedensforschung beschäftigen, legten gestern ein Gutachten vor / Thema im „Friedensgutachten 87“ ist der Stand der Rüstungskontrollverhandlungen / Kritik an rüstungstechnologischen Trends / Auch „positive Ansätze“ konstatiert

Aus Bonn Ursel Sieber

Drei Institute aus dem Umfeld der kritischen Friedensforschung haben gestern erstmals die Institution eines „Friedensgutachtens“ ins Leben gerufen: Die jeweiligen Leiter der Insitute, Gert Krell von der Hessischen Stiftung für Friedens– und Konfliktforschung (HSFK), Klaus von Schubert von der Forschungsstätte der Evangelischen Studiengemeinschaft (FEST) sowie der SPD–Politiker Egon Bahr vom Institut für Friedensforschung und Sicherheitspolitik (IFSH) wollen nun alljährlich zum Thema Frieden mit einem Gutachten an die Öffentlichkeit gehen. Das „Friedensgutachten 87“ beschäftigt sich mit dem Rüstungswettlauf zwischen Ost und West und dem Stand der Rüstungs kontrollverhandlungen. Eingangs richten die Institutsleiter Empfehlungen an die Bundesregierung. Krell, Bahr und von Schubert stellen fest, daß „von wirksamen Einschränkungen des Rüstungwettlaufs noch keine Rede sein“ könne. Auch bleibe „ein Teil der erreichten bescheidenen Ergebnisse der Rüstungskontrolle gefährdet“. Sie kritisieren rüstungstechnologische Trends wie die Erhöhung der Treffgenauigkeit von Sprengköpfen und Trägersystemen. In der amerikanischen Diskussion über Militärdoktrinen sei „die Fähigkeit zur Offensive“ betont worden; in der Marine–Doktrin habe sich „das offensive Denken“ durchgesetzt. Dennoch konstatieren Krell, Bahr und von Schubert auch „positive Ansätze“: Die Voraussetzun gen für eine Zusammenarbeit zwischen Ost und West hätten sich „erheblich verbessert“. Sie nennen die neue Flexibilität der UdSSR seit Gorbatschow, aber auch den US–Präsidenten Reagan, der „mit seiner Kritik an der nuklearen Abschreckung die Kritik an der Abschreckung aufgegriffen hat, auch wenn sein Lösungsvor schlag SDI fragwürdig ist“. Im Bereich der Mittelstreckenwaffen sei nun „ein erster Durchbruch in Richtung Abrüstung möglich“. Dabei wird eine Null–Lösung bei allen landgestützten Atomwaffen mit einer Reichweite zwischen 150 und 500 km empfohlen. Allerdings dürfe „dieser umfassende Ansatz“ kein Hindernis sein, wenn sich eine Lösung für den Bereich zwischen 500 und 1.000 km Reichweite abzeichne. Mit Blick auf die Ausklammerung der Pershing Ia–Raketen bei den Atomwaffen kürzerer Reichweite betonte Krell, die BRD sei kein nuklearer Staat, und man solle sich „vor falschen Tönen hüten“.