Deutsche Bank droht Volkswagen–Vorstand

■ Man behält sich Verweigerung der Entlastung der Führungsgremien vor

Berlin (taz) -Aufsichtsrat und Vorstand der Volkswagen–AG steht am 2. Juli eine heiße Jahreshauptversammlung ins Wolfsburger Haus. Im Vorfeld versetzte jetzt die Deutsche Bank den Führungs– und Kontrollgremien des Automobilkonzerns einen Tiefschlag: Man könne sich noch nicht entscheiden, ob man als Großanteilseigner und Verwalter einer Vielzahl von Aktien im Streubesitz für oder gegen die Entlastung beider stimmen werde. Wenn die bank keine neuen Informationen über den Devisenskandal bekomme, der VW eine halbe Milliarde DM Verlust einbrachte, werde man sich der Stimme enthalten. Dies geht aus einem Brief, den die Geschäftsführung der Bank den Kleinaktionären unter ihrer Kundschaft zukommen ließ, hervor, für deren Aktien sie auf der Hauptversammlung das Depotstimmrecht ausübt. Man behalte sich jedoch vor, nach Vorlage eines Gutachtens der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Treuarbeit auch gegen die Entlastung zu stimmen. Eine Kurzfassung des Gutachtens wird noch vor dem 2. Juli erwartet. Für die Deutsche Bank ist die öffentliche Skepsis gegenüber dem Automobilkonzern dringend notwendig, um ihren angeknacksten Ruf in Sachen VW wieder ins Lot zu bringen. Im Herbst 1986, wenige Tage vor den ersten Signalen über die Devisenschieflage bei VW, brachte das Kreditinstitut einen größeren Posten neuer VW– Aktien auf den Markt, und pries sie als lukratives Angebot an. Kurz darauf sackte ihr Kurs in den Keller. Auch die Dresdner Bank meldete inzwischen Skepsis an. Sie regte an, die Entscheidung über die Entlastung zu verschieben, wenn bis Anfang Juli das Gutachten nicht vorliege. Die Schutzgemeinschaft der Kleinaktionäre und die Schutzgemeinschaft für Wertpapierbesitz kündigten an, gegen die Entlastung des Vorstandes zu stimmen. Ob allerdings genügend Stimmen gegen die Entlastung zustandekommen, wird bei VW (zu vierzig Prozent in Bundes– und Landesbesitz) allgemein bezweifelt. Im Gegensatz etwa zur GmbH hat diese Entscheidung keine direkten rechtlichen Konsequenzen - abgesehen von der Öffentlichkeits– wirksamkeit, die den Vorstand im Zweifel zum Rücktritt zwingen würde. Auch eine Entlastung bedeutet im Aktienrecht kein Verzicht auf Haftungs– und Ersatzansprüche gegenüber Vorstand und Aufsichtsrat. Ulli Kulke