Geldstrafe für Gollwitzer

■ Strafpredigt des Richters und 3.000 Mark Strafe für den Theologen, der an einer Mutlangen–Blockade teilgenommen hatte / Anwalt kündigt Revision beim Oberlandesgericht Stuttgart an

Von Werner Jany

Schwäbisch Gmünd (taz) - Der Berliner Theologe Professor Helmut Gollwitzer, wurde wegen seiner Teilnahme an einer Blockade der Raketenbasis Mutlangen vom Amtsgericht Schwäbisch–Gmünd zu einer Geldstrafe von 3.000 DM verurteilt. Gollwitzer kritisierte während der Verhandlung die „Rechtsunsicherheit“ in Nötigungsprozessen. Er habe in jener Blockade–Nacht nichts anderes gemacht als einige Male zuvor. Der einzige Unterschied: Bei den anderen Gelegenheiten war der Polizei bekannt, daß Prominente unter den Blockierern waren. Richter Offenloch nutzte jetzt die Gelegenheit, um sich den Frust von drei Jahren Blockadeprozessen von der Seele zu reden, „um einem berühmten Theologen auch einmal eine Predigt zu halten“. Für Richter Offenloch ist „alles relativ“, der menschliche Verstand, politische Meinungen, Religion und Sitte - einzige Ausnahme: das Recht. „Die Rechtsordnung ist der Kitt, der divergierende Strömungen zusammenhält.“ Wer sich über die Rechtsordnung hinwegsetze, müsse bestraft werden. Der „unglücklich formulierte“ Nötigungsparagraph 240 ist für Offenloch lediglich „Grundlage für meine Auslegung“. Und bei dieser Auslegung kommt er zum Schluß, daß der Theologe mit seinem „tatbestandsmäßig ausgewiesenen Verhalten gegen die Rechtsordnung insgesamt verstoßen“ habe und deshalb verurteilt werden müsse. Denn, so wollte er wissen, „was geschieht, wenn Ihr Tun Schule macht?“ Offenlochs Antwort: „Das geht an den Nerv der Rechtsordnung.“ Und er malte noch schwärzer: In den Blockadeprozessen sieht er eine „Auswanderung aus dem Verfassungsrecht, ja aus dem Rechtsgedanken überhaupt“. Die Hinweise von Gollwitzers Verteidiger von Wedel, daß der Begriff „verwerflich“ sehr genau zu prüfen und am allgemeinen Sprachverständnis zu messen sei, kümmerten Offenloch wenig. „Solange kein klares höchstrichterliches Urteil“ vorliege, bleibe er bei seiner Auslegung. Mit dieser Haltung verletzt Offenloch nach Ansicht des Verteidigers „aufs gröbste“ die Grundsätze der Richter am Bundesverfassungsgericht, die Einzelfallprüfungen fordern und bei der „Verwerflichkeit die Motivation des Angeklagten berücksichtigt haben wollen. Er kündigte sofort nach der Urteilsverkündung an, in die Sprungrevision beim Oberlandesgericht Stuttgart zu gehen. HALLO! An diese Stelle wird jetzt der Ausschnitt der International Herald Tribune, der eigentlich für S.6 vorgesehen war, hingeklatscht. In die rechte Ecke wird die Fotounterschrift im Kasten draufgeklebt. Bitte einen ordentlichen Abstand ca. 34 mm jeweils von unten/rechts lassen. Also nicht schlampen. Übrigens: Frohe Pfingsten.