P O R T R A I T Ein dialogbereiter Autokrat

■ Der südkoreanische Präsidentschaftsanwärter, Vier–Sterne–General Roh Tae Woo Bisher versuchte er sich als Innen– und Sportminister und als Olympiachef

Wenn US–Offizielle den Unterschied zwischen dem regierenden südkoreanischen Präsidenten Chun Doo Hwan und seinem jüngst gewählten Nachfolgekandidaten benennen sollen, kommen sie schnell auf Anekdotisches: Als Außenminister Shultz das letzte Mal mit Chun telefoniert habe, verlautete jüngst indiskret aus dem State Department, habe letzterer mindestens 90 soll zumindest der Form nach anders werden, wenn im Februar nächsten Jahres der 54jährige Vorsitzende der Regierungspartei und neugekürte Präsidentschaftskandidat Roh Tae Woo von einer ausgewählten Schar von Wahlmännern ins das höchste Staatsamt gehoben wird. Überall präsentiert sich der Vier–Sterne– General als dialogbereiter Softie. In Interviews mit Reportern betont er stets, nicht „Verordnungen und militärische Disziplin, sondern menschliche Beziehungen“ seien in seiner Laufbahn ausschlaggebend gewesen, und verkündet Sätze wie: „Wir müssen lernen, gute Zuhörer zu sein“ Zur Freude der europäischen Medien zählt er nicht etwa Machiavelli oder Konfuzius, sondern Hermann Hesse zu seinen Lieblingsautoren. Doch hinter der freundlichen Fassade verbirgt sich eine zivil– militärische Karriere, die der des regierenden Diktators in nichts nachsteht. Roh wurde 1932 in einem kleinen Dorf in der Kyongsang Provinz geboren, aus der traditionell die Mehrheit der politischen und militärischen Führer Koreas stammt. Während des Koreakrieges in den 50er Jahren trat Roh in die Koreanische Militärakademie ein, wo er mit Chun in einer Klasse saß. Er diente im Vietnamkrieg und wurde in den USA in psychologischer Kriegsführung geschult. In Südkorea war er für die Hauptstadtregion verantwortlicher Kommandeur, und hatte in dieser Funktion 1979 nach der Ermordung des damaligen Diktators Park Chun Hee eine Schlüsselstellung bei der Machtergreifung Chun Doo Hwans. 1981 schied der hochdekorierte Militär aus der Armee aus und übernahm das Innenressort. Später wurde er Sportminister und übernahm den Vorsitz des Seouler Olympischen Organisationskomitees. Mit seiner Ernennung zum Vorsitzenden der regierenden Demokratischen Gerechtigkeitspartei 1985 legte Chun den Grundstein für Rohs Wahl zum Präsidentschaftskandidaten. Nina Boschmann