Demjanjuk–Zeuge in Berlin verhört

■ Der 83jährige SS–Mann Otto Horn, einer der Hauptzeugen gegen den in Israel vor Gericht stehenden KZ–Aufseher John Demjanjuk, will sich jetzt nicht mehr so recht an den Angeklagten und seine Taten erinnern

Aus Berlin Plutonia Plarre

Staatsanwälte, Verteidiger und drei Richter des Jerusalemer Strafprozesses gegen den mutmaßlichen nationalsozialistischen Kriegsverbrecher John Demjanjuk vernahmen zwei Tage lang den Hauptzeugen der Anklage Otto Horn (83) im Berliner Kriminalgericht. Der Prozeß gegen Demjanjuk, der als „Iwan der Schreckliche“ im Konzentrationslager Treblinka für den Mord an über 900.000 Juden mitverantwortlich sein soll, war Mitte Mai unterbrochen worden. Die Prozeßbeteiligten mit Ausnahme des Angeklagten reisen gegenwärtig durch die Bundesrepublik, um drei Zeugen, die wegen ihres Alters nicht reisefähig sind, zu vernehmen. Otto Horn lebt seit vielen Jahren in Berlin. Als ehemaliger Aufseher im KZ Treblinka war er Anfang der 60er Jahre selbst wegen Beihilfe zum Mord angeklagt, aber freigesprochen worden. Horn hatte bei einer 1979/80 vom amerikanischen Kommissar Dougerty durchgeführten Vernehmung den Angeklagten Demjanjuk auf Fotos als „Iwan den Schrecklichen“ identifiziert. Demjanjuk selbst behauptet, das Opfer einer Verwechselung gewesen zu sein. Horn, dem in Berlin am Dienstag erneut die Fotos, auf denen er Demjanjuk 1979/80 als „Iwan“ erkannt hatte, vorgelegt wurden, war plötzlich viel zurückhaltender mit seiner Aussage: Ja, da sei eine Ähnlichkeit. Die eindeutige Identifikation von 1979 bestritt Horn jetzt. Auch damals habe er lediglich von einer Ähnlichkeit gesprochen. Dem widerspricht der Eid des Vernehmungsbeamten, der Horn die Fotos vorgelegt hatte. Auch von Greueltaten „Iwans“ wollte Horn „nichts gesehen und gehört“ haben. „Iwan hat nur beim Reintreiben in die Gaskammern zugeschlagen.“ Er, Horn, habe „daneben gestanden und zugeschaut“.