piwik no script img

„BremTec“ diesmal ohne Rüstungstechnologie

■ In Bremen findet eine „Innovationsmesse“ statt / Gleichzeitig wird über Möglichkeiten sozialer und ökologischer Technik diskutiert und informiert / Technische Hilfen für Behinderte entwickelt / Auswirkungen computergesteuerter Werkzeugmaschinen untersucht

Von Dirk Asendorp

Bremen (taz) - Messen und Ausstellungen über computergesteuerte Werkzeugmaschinen, wo mit hochglänzenden Farbprospekten die innovative Wirtschaftskraft dieser Branche hervorgehoben wird, gibt es inzwischen in jeder mittelgroßen Stadt. Das Besondere an der zweiten „BremTec“, die am Mittwoch in Bremen eröffnet wurde und noch bis Samstag zu besichtigen ist, ist eine parallel stattfindende Veranstaltungsreihe der Technikkritik. Ein Forschungsverbund „Arbeit und Technik“, in dem seit vier Jahren interdisziplinär von Technikern, Psychologen, Arbeitswissenschaftlern und Philosophen Möglichkeiten einer an sozialen und ökologischen Kriterien orientierten „Technik–Gestaltung“ untersucht werden, präsentierte erste Forschungsergebnisse zum Anfassen. So hat zum Beispiel das „Ingenieurbüro für Elektronik“ Zusatzgeräte für Schreibmaschinen entwickelt, mit denen Spastiker und andere schwer bewegungsbehinderte Menschen ihre Texte tippen können. In der einfachsten Version werden dafür nur zwei Tasten verwendet und die gewünschten Zeichen auf einer großen Leuchttafel angezeigt. Die Zusatzgeräte sind an jede elektronische Schreibmaschine anschließbar. Die Mitarbeiter des selbstverwalteten Betriebes arbeiteten während der gesamten Produktent wicklung mit Bremer Behindertengruppen zusammen. Mitten unter den aufpolierten Messeständen der „BremTec“ finden sich an einem Stand auf Packpapier gekritzelte Figuren. Arbeiterinnen eines Bremer Elektronikbetriebes haben mit Filzstift ihre Arbeitsbelastungen vorgeführt. Die Psychologen Thomas Leithäuser und Birgit Volmerg hatten mit ihnen in mehreren Gruppendiskussionen die Auswirkungen computergesteuerter Werkzeugmaschinen besprochen. Denn die „Arbeit und Technik“–Gruppe will keine „Technikfolgeabschätzung“ betreiben, sondern schon vor eventuell eintretenden Folgen Einfluß auf künftige Entwicklungen nehmen. Deshalb betonen sie auf der Aus stellung immer wieder, das eine solche partizipative Technikentwicklung auch betriebswirtschaftlich rentabel sei. Am Beispiel eines Nordenhamer Betriebes für Elektro–Kleinteile soll dies demonstriert werden. „Teilautonome Fertigungsinseln“ haben dort den linearen Produktionsgang am Band ersetzt. Die Arbeit sei dadurch anspruchsvoller, selbstbestimmter und kommunikativer geworden, heißt es in den Erläuterungen. Der Qualifikationsgewinn der Belegschaft habe sich schließlich betriebswirtschaftlich ausgezahlt. Die auf der „BremTec“ benachbarten High–Tech–Firmen scheinen dem Argument nicht zu trauen. Technik–Show und Techn die „Rüstungskonversion“ noch eines der Hauptthemen, wird sie in diesem Jahr nicht in einer einzigen der über 50 Veranstaltungen des technikkritischen Forums behandelt. „Kontakte zu Betriebsgruppen, die an diesem Thema arbeiten, werden zunehmend schwieriger“, begründet der „Arbeit und Technik“–Initiator Felix Rauner diese Entwicklung. Auch auf der offiziellen „BremTec“ ist von Rüstungsproduktion nichts zu sehen. Das „Fraunhofer– Institut“ zum Beispiel, das vor allem für die Bundeswehr arbeitet, stellt seine technischen Möglichkeiten an geklebten Skiern vor. Zu einer „Gratisbegehung“ kamen am Nachmittag des Eröffnungstages auch 30 Studierende der gegenüberliegenden Bremer Uni herüber. Kekse verschwanden urplötzlich von den Firmentellern, dafür blieb am Stand der Deutschen Bank die gesprühte Parole „Freiheit für Südafrika“ zurück. Am Ausgang stellten sie ihr Transparent ab: „Kein Ausverkauf der Bremer Uni ans Kapital - im Namen der Arbeiterklasse und des Volkes“.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen