Schüler–Power gegen Abi–Reform

■ Zigtausende von Schülern gingen in der ganzen Republik auf die Straße, um gegen Pläne zu demonstrieren, das Abitur zu verschärfen und die gymnasiale Oberstufe umzuorganisieren / Pfeifkonzert für Kultusminister

Von Jakob Sonnenschein

Dortmund (taz) - Mit Protesten, Demonstrationen und Schulstreiks haben Schülerinnen und Schüler bundesweit die in Dortmund tagende Kultusministerkonferenz begleitet. In der Dortmunder zentralen Erfassungsstelle schwankten die Zahlen von im Streik befindlichen Schulen zwischen 320 und 1.000. Insgesamt, so die offizielle Antwort für die Presse, hätten sich 300.000 Schülerinnen und Schüler am Streik beteiligt. Allein in Hannover sollen 58 Schulen bestreikt worden sein. In vielen Städten gab es Demonstrationen mit Tausenden von Teilnehmern. 12.000 in Lübeck, 5.000 in Hamburg, 1.000 in Frankfurt. In Marburg wurde eine besetzte Schule von der P Schulen führen muß“. Mehrere hundert Demonstranten empfingen die Minister am Tagungsort in der Dortmunder Universität mit einem grellen Pfeifkonzert. Auf der zweitägigen Ministerkonferenz wird mit einer Entscheidung zur Neugestaltung der gumnasialen Oberstufe nicht gerechnet. Neben einer anderen Gewichtung zwischen Grund– und Leistungskursen geht der Streit vor allem (siehe Tagesthema v. gestern) um die Festlegung bestimmter Fächer (Geschichte, Deutsch, eine Fremdsprache), die nicht mehr abwählbar sein sollen, sowie um die Anerkennung von doppelqualifizierenden Abschlüssen. In einem offenen Brief an die Ministerkonferenz fordert die Bundesschülervertretung „Selbstbestimmung“, „eine Schule, die Spaß macht“, und die Abschaffung des Notensystems. Zwar sind sich die Schülervertreter weitgehend einig in der Beurteilung der sozialdemokratischen Bildungspolitik, die sich für Bundesschülersprecher Jürgen Bast allenfalls „graduell“ von der CDU/CSU–Politik unterscheidet, aber die Forderungen nach Abschaffung des Notensystems ist keineswegs Konsens. Hier habe sich bei der Formulierung offensichtlich die „Spontifraktion“ durchgesetzt. Wie es mit der Schülerbewegung weitergehen kann, soll auf einem „Strategiekongreß“ im Herbst diskutiert werden. Parallel zur Kultusministerkonferenz findet in Dortmund eine „alternative Bildungskonferenz“ statt, auf der ein „zukunftsorientiertes, alternatives Bildungskonzept“ entwickelt werden soll.