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Bonn behält Hamadeh Anklage wegen Mord

■ Verwirrspiel zwischen USA und BRD scheint beendet / Langfristig steigen die Chancen für einen Austausch gegen die beiden deutschen Geiseln im Libanon

Bonn/Washington (ap/dpa/taz) - Der in Frankfurt inhaftierte mutmaßliche Flugzeugentführer Mohammed Ali Hamadeh soll offenbar nicht an die USA ausgeliefert, sondern wegen Mordes an dem amerikanischen Marinetaucher Robert Stethem vor ein deutsches Gericht gestellt werden. Der Sprecher des Weißen Hauses, Marlin Fitzwater, eröffnete am Mittwoch abend einen ganzen Reigen von Stellungnahmen, als er erklärte, die Bemühungen seiner Regierung um eine Auslieferung Hamadehs seien gescheitert, der Libanese werde aber in der Bundesrepublik wegen Mordes vor Gericht gestellt. Gestern blies dpa ins gleiche Horn und teilte unter Berufung auf eine „zuverlässige Quelle“ mit, die Entscheidung in dieser Frage sei gefallen. US–Präsident Reagan schließlich erklärte am Donnerstag vor Journalisten in Venedig, Hamadeh werde entweder in der BRD oder in den USA vor Gericht gestellt. Dies habe ihm Bundeskanzler Kohl versichert, erklärte er. Eine Entscheidung über die Auslieferung sei jedoch noch nicht gefallen. Damit widersprach Reagan den Äußerungen Fitzwaters. Auch Regierungssprecher Ost erklärte am Donnerstag vormittag, in der Frage der Auslieferung Hamadehs sei noch keine Entscheidung getroffen worden. Bundeskanzler Kohl habe in Venedig dem amerikanischen Präsidenten Reagan versichert, Hamadeh werde „entweder an die USA ausgeliefert oder gegen ihn werde wegen Flugzeugentführung und Mord vor einem deutschen Gericht Anklage erhoben“. Seine Äußerungen stimmten auch mit denen des Stabschefs des Weißen Hauses, Howard Baker, gegenüber der Fernsehgesellschaft ABC vom Mittwoch abend überein, die er einige Stunden vor der Erklärung Fitzwaters gemacht hatte. Baker hatte an dem Gipfel in Venedig teilgenommen. Hamadeh wird von den USA beschuldigt, an der Entführung eines TWA–Flugzeuges nach Beirut mitgewirkt zu haben. Dabei war Stethem erschossen worden. Mohammed Hamadeh war am 13. Januar 1987 auf dem Frankfurter Flughafen festgenommen worden. Zöllner hatten in seinem Gepäck erhebliche Mengen an Flüssigsprengstoff entdeckt. Seither wird das Auslieferungsersuchen der USA in Bonn geprüft. Die Sachlage wurde dadurch kompliziert, daß wenige Tage nach der Festnahme Hamadehs zwei deutsche Techniker, Rudolf Cordes und Alfred Schmidt, in Beirut verschleppt wurden. Die Entführer, vermutlich Angehörige der radikalen Moslem–Gruppe Hizballah, verlangen die Freilassung Mohammed Hamadehs und seines ebenfalls in Frankfurt inhaftierten Bruders Abbas. Fortsetzung auf Seite 2 MENSCH SUSI Denk doch bitte an die PAUSE! Die gestrigen Äußerungen von Regierungssprecher Ost führen in die bislang vorliegenden spärlichen Informationen über das Schicksal der Hamadehs wie auch der beiden Geiseln im Grunde nur ein neues Element ein: die Anklage Mohammed Hamadehs vor einem bundesdeutschen Gericht wegen Mordes und nicht, wie es bislang hieß, lediglich wegen eines Sprengstoffvergehens. Damit ist die Bundesregierung einen Schritt auf die Wünsche der Reagan–Administration zugegangen. Ansonsten scheint sich das Szenario in den bekannten Bahnen zu halten: Den dpa–Informationen zufolge soll Hamadeh einen Teil seiner Strafe verbüßen, bevor er in den Libanon abgeschoben wird. Erst anschließend sollen Cordes und Schmidt freigelassen werden. Ob mit einem Verzicht der USA auf eine Auslieferung des Libanesen auch der Weg für die Freilassung amerikanischer Geiseln im Libanon geebnet wird, bleibt abzuwarten. Der Frankfurter Staatsanwaltschaft liegt unterdessen noch keine Mitteilung über einen Verzicht der USA auf die Auslieferung Hamadehs vor. Pressesprecher Hans–Hermann Eckert erklärte am Donnerstag, in der BRD könne nur bei einem offiziellen Strafverfolgungsersuchen der USA Anklage wegen Beteiligung an der Flugzeugentführung erhoben werden. Ein solches Ersuchen käme praktisch einem Verzicht Washingtons auf die Auslieferung Hamadehs gleich. Flugzeugentführungen seien nach internationalem Recht Delikte, die überall verfolgt werden könnten.

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