Margaret Thatcher zum Dritten!

■ Die britischen Konservativen mit ihrer Eisernen Lady haben zum dritten Mal hintereinander die Wahlen gewonnen: Knapp 43 Prozent, aber die absolute Mehrheit der Sitze / Leichte Gewinne für Labour

Aus London Rolf Paasch

Als erste Premierministerin dieses Jahrhunderts ist die britische Regierungchefin Margaret Thatcher am Donnerstag von den britischen Wählern zum dritten Mal in das oberste politische Amt Großbritanniens gewählt worden. Der Konservativen Partei unter der Eisernen Lady reichten 42,9 104 Sitzen zu verfügen. Nach ihrer katatstrophalen Niederlage von 1983 erzielte die oppositionelle Labour Party einen Stimmenzuwachs von fünf Prozent und gewann damit 229 Sitze. Die sozial–liberale Allianz kam unter dem britischen Mehrheitswahlrecht dagegen mit ihren über das Land verteilten 22,8 Sitze und ging damit als klarer Verlierer aus dem Wahlgang hervor. Bei Redaktionsschluß waren rund 95 ausgezählt. Trotz einer Arbeitslosigkeit von vier Millionen entschieden sich beinahe genauso viele Briten wie vor vier Jahren dazu, der Politik der Tories den Vorzug vor Labours Plänen zur nuklearen Abrüstung und zur Rettung des Sozialstaates zu geben. Fortsetzung auf Seite 6 Kommentar auf Seite 4 weitere Berichte auf Seite 7 Das landesweite Wahlergebnis reflektiert die unter der bisher achtjährigen Thatcher–Herrschaft vollzogene ökonomische und soziale Spaltung des Landes deutlicher als alle soziologischen Studien zum Nord–Süd–Konflikt zusammengenommen. Während die Labour Party einen Stimmenzuwachs von in Schottland 19 und im Norden Englands 7 und im Süden des Landes 25 Stimmen neu hinzu. Die Polarisierung dieser Wählerbewegung setzte sich auch in London selbst fort. Während die innerstädtischen Wohnbezirke mit ihrem hohen Arbeiter– und Einwandereranteil klar an Labour gingen, konnten die Konservativen bis dahin sichergeglaubte Labour Sitze im äußeren Ring um die Sieben–Millionen–Stadt erobern. Zum ersten Mal seit einem halben Jahrhundert sitzen auch wieder schwarze Abgeordnete im britischen Unterhaus, drei der vier Vertreter der schwarzen Bevölkerungsminderheit kommen dabei aus Zentrallondon. Die eigentliche Verliererin dieser Wahlen stellt die Allianz aus Liberalen und Sozialdemokraten dar, die statt erhofften Zugewinne zu erzielen, sechs ihrer 27 Parlamentssitze verloren. Die vermeintliche dritte Kraft im traditionellen Zweiparteiensystem Großbritanniens verlor vor allem wichtige Parteipersönlichkeiten, so daß von dem Gründungsquartett der 1981 von Labour abgespaltenen SDP allein Parteiführer David Owen im Unterhaus vertreten sein wird. Die Zukunft der Allianz steht nach diesen Verlusten vor einer schweren Zerreiß– wenn nicht Existenzprobe. Allerdings konnte die ebenfalls oppositionelle Labour Party nicht wie erwartet von dem Einbruch der Allianz profitieren. Labour gewann in erster Linie in solchen Wahlkreisen Stimmen hinzu, in denen die Partei bereits über eine hinreichende Mehrheit verfügte, während sie in den sogenannten „Marginals“ mit ihren knappen Mehrheiten kaum die erhofften Gewinne erzielen konnte. Die nach acht Jahren sang– und klangloser Oppositionsarbeit beindruckende Aufholjagd unter Parteiführer Neil Kinnock kam offensichtlich zu spät, um eingefleischte Tories von den Qualitäten der Labour Partei zu überzeugen. Der landesweiten Stimmenzuwachs von 5 darüber hinwegtäuschen, daß die Arbeiterpartei mit ihren 32 % wohl an die Grenze ihres Wählerpotentials gestoßen ist. Vor allem eine Zahl verdeutlicht, wie verheerend sich der von Frau Thatcher propagierte Volkskapitalismus auf das traditionelle Klientel der Linkspartei ausgewirkt hat. Nur noch 16 neuen Volksaktionäre wählten Labour, während knapp 60 Konservativen ihre Stimmen gaben.