Todesurteil für Bokassa: Des Kaisers letzte Kleider?

■ Obschon der selbsternannte Ex–Kaiser der zentralafrikanischen Republik am Freitag zum Tode verurteilt wurde, ist seine Hinrichtung höchst unwahrscheinlich

Aus Abidjan Knut Pedersen

Mit gesenktem Kopf, aber ohne erkennbare Emotion hat Zentralafrikas Ex–Kaiser Jean–Bedel Bokassa am vergangenen Freitag seine Verurteilung zum Tode zur Kenntnis genommen. Nach sechs Monaten öffentlichen Prozeßes hat das Geschworenengericht in Bangui den ehemaligen Diktator wegen mehrfacher Beihilfe zum Mord, Freiheitsberaubung und Veruntreuung von Staatseigentum für schuldig im Sinne der Anklage befunden. Die Verteidiger Bokassas haben jedoch bereits Einspruch vor dem Obersten Gerichtshof erhoben, und das Revisionsverfahren dürfte weitere zwei bis drei Monate in Anspruch nehmen. Sollte das am Freitag verkündete Todesurteil auch von höchster Instanz bestätigt werden, so bleibt gleichwohl das Gnadenrecht des gegenwärtigen zentralafrikanischen Präsidenten Andre Kolingba, der seit seiner Machtübernahme vor sechs Jahren kein einziges Todesurteil hat vollstrecken lassen. Sind ehemalige Herrscher nur moralisch oder auch strafrechtlich verantwortlich? Diese Frage be schäftigt moderne Gemeinwesen bekanntlich, seitdem französische Revolutionäre Ludwig XVI. aufs Schafott schickten. Die Frage zieht sich wie ein roter Faden durch das Verfahren gegen Jean– Bedel Bokassa und wird in den kommenden Monaten auch den Obersten Gerichtshof beschäftigen. Die Verteidiger Bokassas werden erneut auf „strafrechtliche Unverantwortlichkeit“ plädieren, und tatsächlich ist die strafrechtliche Immunität von Staatsoberhäuptern ein in den meisten Verfassungsrechten verankertes Prinzip. Nun soll dies eigentlich nicht dazu dienen, gestürzte Despoten ihren Richtern zu entziehen. Und insofern die Todesstrafe in Zentralafrika als Höchststrafe für Anstiftung zum Mord vorgesehen ist, kann der gefällte Urteilsspruch gegen Bokassa kaum überraschen. „Wen könnte man denn hier überhaupt noch zum Tode verurteilen, wenn selbst einem Bokassa mildernde Umstände zuerkannt würden?“, fragen sich in der Tat die überlebenden Opfer 14jähriger Gewaltherrschaft. Wird Ex–Kaiser Bokassa mithin vor dem Erschießungskommando enden? Das ist so gut wie ausgeschlossen. Zwar hat das Gericht in Bangui seine Schuld und damit auch das bereits 1980 in Abwesenheit gefällte Todesurteil bestätigt, aber darum wird der heute 66jährige Bokassa noch lange nicht, sowohl innen– und außenpolitische Freunde sprechen dagegen, an die Wand gestellt. Innenpolitisch würde die von General Andre Kolingba begonnene „Politik nationaler Aussöhnung“ und vorsichtiger Demokratisierung an Glaubwürdigkeit verlieren, wenn die „Vergangenheitsbewältigung“ ein blutiges Ende nähme. Und außenpolitisch würde die Hinrichtung Bokassas Zentralafrika ohne Zweifel isolieren, insofern einflußreiche afrikanische Präsidenten wie Felix Houphouet–Boigny von der Elfenbeinküste und Gabons Omar Bongo bereits öffentlich ihren Widerwillen zum Ausdruck gebracht haben. Die Verbindung zur eigenen Staatsräson besteht durchaus: In Afrika sind beinahe alle Herrscher Regenten von eigenen Gnaden. Vergleiche zur Vorgeschichte: taz vom vergangenen Freitag