Unfreundlicher Empfang in Tel Aviv

■ Mitglieder einer israelischen Delegation, die in Budapest mit PLO–Vertretern gesprochen hatten, sollen verhört werden / Regierung in der Zwickmühle / Wie schädlich sind politische Prozesse?

Aus Tel Aviv Amos Wollin

Ein unangenehmer Empfang wurde dem Abgeordneten der israelischen Knesset, Charlie Bitton, am Sonntag auf dem Flughafen von Tel Aviv zuteil. Soeben war er aus Budapest zurückgekehrt, wo er zusammen mit einer israelischen Delegation Gespräche mit PLO–Mitgliedern geführt hatte. Am Flughafen wurde er sofort von einem israelischen Polizeioffizier empfangen, der ihm eine Vorladung zum Verhör aushändigte, da er unter dem Verdacht stehe, die Anti–Terrorismus–Gesetze verletzt zu haben. Die Gesetze verbieten Kontakte mit Mitgliedern terroristischer Organisationen, zu denen in Israel auch die PLO zählt. Bitton kündigte jedoch an, die Vorladung zu ignorieren, da er parlamentarische Immunität genießt. Auch die anderen Mitglieder der 22köpfigen Delegation sollen von einer Sondertruppe der Polizei verhört werden. Zuerst wird jedoch das Ergebnis eines Prozesses gegen vier Israelis abgewartet, die als Leiter einer Gruppe in Rumänien im November 86 Gespräche mit PLO–Vertretern geführt hatten. Die Behörden sind in einer Zwickmühle, denn politische Prozesse sind für die Regierung schädlich, da sie den israelischen Friedensgruppen die Möglichkeit geben, über ihren Fall zu sprechen. Zudem wird der antidemokratische Charakter der Gesetze herausgestrichen, die zu dem Zweck erlassen worden sind, Gespräche mit Palästinensern zu verhindern. Andererseits steht die Regierung unter dem Druck der extremen Rechten, die ein gesetz liches Vorgehen gegen linke Israelis fordert. Bei den Gesprächen hatten sich Israelis und Palästinenser darauf geeinigt, daß sich Israel und die PLO gegenseitig das Existenzrecht anerkennen und dies als Ausgangspunkt für Friedensverhandlungen im Rahmen einer internationalen Konferenz mit Beteiligung der PLO nehmen sollten.