Pleite, aus, vorbei

■ Die Politische Buchhandlung Bochum meldet Konkurs an / „Von Zeitschriften und Flugblättern können wir nicht existieren“ / Es bleiben 10.000 DM Schulden

Aus Bochum Corinna Kawaters

Die Politische Buchhandlung Bochum, eine der letzten aus der Gründergeneration der Studentenbewegung, muß Konkurs anmelden. 50.000 DM Bankschulden, die sich in den vergangenen Jahren ansammelten, veranlaßten die Sparkasse Dortmund, das Konto zu sperren. „Damit waren dann die Lieferwege zu, wir können nichts mehr bestellen und müssen zumachen“, sagt Ingrid, die Geschäftsführerin des letzten Kollektivbuchladens im Ruhrgebiet zwischen Hagen und Mülheim. 1972 wurde die Politische Buchhandlung Bochum gegründet, zu einer Zeit, als die Bochumer Studentenbewegung linksradikal und stark genug war, sich ein solches Projekt zu leisten. Der Laden belieferte die Szene in den vergangenen 15 Jahren nicht nur mit der einschlägigen Literatur, sondern diente auch als Nachrichtenbörse und Treffpunkt. Profit machte der Buchladen nie, denn die Überschüsse wurden gleich wieder investiert, in Knastarbeit zum Beispiel oder für die Druckkosten von Flugblättern. Es gab Durchsuchungen und Beschlagnahmungen, sogar die Festnahme eines Buchhändlers wegen Verstoßes gegen den §88a. Ende der siebziger Jahre existierte auch eine Zeitlang eine Filiale, die „Bücherschleuder“: ein LKW, mit dem ein Teil des Buchladenkollektivs versuchte, linke Literatur „auf die Dörfer zu bringen“. In den letzten Jahren gingen die Umsätze stetig zurück, das liegt nicht nur daran, daß „die Grünen nix lesen“, wie Buchhändler Hillo meint. Die linken Verlage bieten - den Gesetzen des Kapitalismus gehorchend - ihre Programme nicht mehr exclusiv in den linken Buchhandlungen an. „Es gibt kein spezifisch linkes Angebot mehr, und von Zeitschriften und Flugblättern können wir nicht existieren“, seufzt die Geschäftsführerin. Dazu kommt, daß die Großen, wie die Buchhandelskette „Montanus“, bessere Verlagsrabatte aushandeln können, wenn sie gleich 10.000 Exemplare eines Titels bestellen, als ein Laden, der nur zehn Stück davon absetzen kann. Diverse Überlebensstrategien mit Hilfe verschiedener Kreditgeber haben die Bochumer inzwischen erprobt, doch leider erfolglos: Die Grünen wollten nur vor der Wahl einen Zuschuß geben, der Öko–Fonds fördert keine Buchläden mehr, und der VlB (Verband linker Buchhändler) stellte zwar umständliche Bilanzen und Rentabilitätsprüfungen an, aber doch kein Geld zur Verfügung. So wird nun das linke Traditionsprojekt geschlossen, und die letzten drei Kollektivisten bleiben mit 10.000 DM persönlichen Schulden sitzen. Die Summe mußten sie vor vier Jahren als Bürgschaft gegenüber der Sparkasse aufnehmen, als es schon einmal galt, die Politische Buchhandlung zu retten. Wer sie unterstützen möchte, kann eine Spende auf folgendes Konto überweisen: Kto–Nr. 01 860 13600 Dresdner Bank, BLZ 440 800 50 Klaus Swatzina, Stichwort Polibula