Fallout über den Aborigines

■ In Australien ist die Verseuchung durch Atomwaffentests weitaus größer als bisher vermutet Fast 90 Prozent des Plutoniums der Testbomben sind in Luft– und Bodenproben nachweisbar

Aus London Rolf Paasch

Die Verseuchung der australischen Aborigines durch britische Atomwaffenversuche zwischen 1956 und 1967 ist weitaus größer als bisher angenommen. Einem Bericht der britischen Tageszeitung The Independent zufolge stellte ein Team aus australischen, britischen und amerikanischen Wissenschaftlern jetzt fest, daß in der australische Region Maralinga (“Felder des Donners“) durch Atomwaffentests rund 10 Millionen plutoniumverseuchte Metallteile und andere Partikel verstreut worden sind. Nicht wie bisher angenommen 10 Prozent sondern bis zu 90 Prozent des auf 22 kg geschätzten Plutoniums sei bei den Versuchen aus der unterirdischen Zündungskammern entwichen. Diese Ergebnisse der neuesten Boden– und Luftproben werden die langwierigen Verhandlungen über die Verantwortlichkeit für die Verseuchung zwischen der australischen und der britischen Regierung weiter erschweren. Die zur Klärung der Verschuldungsfrage eingesetzte „Königliche Australische Kommission“ hatte vor zwei Jahren empfohlen, daß die australische Regierung den Aborigines Kompensationen für ihr verseuchtes Land gewähre, während die Briten die Kosten für die Entseuchung des Testgeländes tragen sollten. Die Kommission war allerdings davon ausgegangen, daß die Plutioniumrückstände in der Region weitaus geringer waren, als es die jüngsten Meßergebnisse vermuten lassen. Ein hoher Beamter des britischen Energieministeriums schätzte beim Besuch Maralingas in dieser Woche die Kosten der Dekontaminierung auf bis zu 360 Millionen DM.