I N T E R V I E W Olympischer Frieden für Seoul

■ Willi Daume, Präsident des Nationalen Olympischen Komitees, zu den Spielen in Seoul

taz: Antonio Samaranch, Präsident des IOC, ist zwar besorgt über die politische Situation in Südkorea, Olympia wird aber seiner Meinung nach stattfinden. Wie ist ihr Standpunkt? Daume: Ich bin nicht für eine hektische Reaktion, das hilft niemandem. Doch die ganze Atmosphäre in Seoul muß eine des olympischen Friedens sein. In den USA gibt es schon Stimmen, die Seoul nur noch 50 Prozent Chancen geben. Das fürchte ich nicht, aber ich halte es nicht für gut - wenn das stimmt -, daß sich Los Angeles bereits als Ersatzort angeboten hat. Der Oppositionsführer Kim Dae Young sieht als einzige Chance eine schnelle Demokratisierung. Es ist nicht Aufgabe der olympischen Bewegung, in innenpolitische Entwicklungen zu intervenieren. Wenn das der Oppositionsführer sagt, dann ist das seine Sache. In der Vergangenheit hat auch die Opposition die Olympischen Spiele immer begrüßt. Da hat man doch national gedacht. Also weder NOK noch IOC haben vor, politischen Druck auszuüben? Die Frage ist völlig unangemessen. Es ist nicht unsere Aufgabe, politische Drücke auszuüben. Sind Sie zufrieden mit einer Situation, die zwar die Sicherheit aller Teilnehmer garantiert, aber durch das Drumherum von Ausnahmezustand und Tränengas bestimmt ist? Da ist niemand mit zufrieden, es hat doch keinen Zweck, sich alle möglichen Situationen auszumalen, die eintreten könnten. Bis dahin sind ja dann die Wahlen gewesen, die der Anlaß dieser Unruhen sind. Vergangene Woche waren Pokalspiele in Seoul, die teilweise unterbrochen werden mußten, weil Tränengas der Polizei ins Stadion wehte. Von den Ereignissen weiß ich nichts, in unserer Welt kann sich viel ereignen. 1968 in Mexiko wurden über 200 protestierende Studenten erschossen, 1976 fehlte Afrika, 1980 Teile des Westens, 1984 der ganze Ostblock. Hat das IOC so wenig politisches Gefühl bei seiner Auswahl? Wie maßen Sie sich so ein Urteil an? Richard Pound, Vizepräsident des kanadischen NOK, hält die Vergabe nach Seoul für keine kluge politische Entscheidung. Keine Organisation der Welt trifft immer nur besondes großartige Entscheidungen. Interview: thöm