Irrtümliche Tode

■ Zur Entschuldigung der Eta

Es sei ein schwerer Irrtum gewesen, sagt das Eta–Bulletin nach dem blutigen Anschlag in Barcelona, es täte ihnen leid und sie würden es auch nicht wieder tun. Sinngemäß. Atmen wir jetzt alle auf, aha, es war nicht so gemeint, gottseidank, die sind ja doch nicht völlig durchgeknallt? Muß nicht auch einer Gruppe wie der Eta zugestanden werden, daß sie mal Fehler macht? Aus Fehlern lernt man doch. Worauf hätte sich dieser Irrtum beziehen können? Hat der Fahrer des Bombenautos das Kaufhaus mit einer Kaserne der Guardia Civil verwechselt? Hätte die Bombe nicht ausgerechnet zur besten Einkaufszeit, Freitagnachmittag, losgehen sollen? Oder lag der Irrtum vielleicht nur darin, daß die Urheber die heftige Reaktion der Öffentlichkeit nicht erwartet hatten? Ein Irrtum oder ein Versehen sind Fehler in einer Struktur. Durch die Art der Fehler wird die Struktur selbst sichtbar, denn die Fehler entstammen der selben Logik wie die Struktur. Der Anschlag in Barcelona war somit nur möglich, weil das Denken der Eta ihn nicht ausschließt. Der Ausdruck „Irrtum“ legt somit den Schluß nahe, daß es bei der Selbstkritik der Eta nur darum geht, daß „Details“ falschgemacht worden sind. Keinesfalls darum, eine Politik zu hinterfragen, die im vergangenen Herbst die Ermordung einer ehemaligen Genossin möglich machte, im vergangenen Dezember die versehentliche Beschießung eines Arbeiters und jetzt das Attentat in Barcelona. Das Beileid, das die Eta den Angehörigen der Opfer ausdrückt, verkommt dabei zum Hohn. Antje Bauer