Supermächte machen gegen den Iran mobil

■ Fünf ständige Mitglieder des Weltsicherheitsrates einigen sich auf eine Waffenstillstandsresolution für den iranisch–irakischen Krieg / UIran droht mit Angriffen auf kuwaitische Tanker / USA und UdSSR wollen sich andeutende Eskalation der Kämpfe verhindern

Aus Manama William Hart

Vor dem Hintergrund des wiederaufflammenden Tankerkrieges im Golf haben sich die fünf ständigen Mitglieder des Weltsicherheitsrates, USA, Sowjetunion, China, Großbritannien und Frankreich, überraschend auf eine Waffenstillstandsresolution für den iranisch–irakischen Krieg geeinigt. Das UN–Gremium wird heute die Resolution beraten und voraussichtlich verabschieden. Gleichzeitig zeichnet sich auch eine Mei nungsänderung des US–Kongreßes ab. Der Vorsitzende des Streitkräfteausschusses im Abgeordnetenhaus, Les Aspin, erklärte am Sonntag, daß Präsident Reagan mit Unterstützung für seine Golfpolitik rechnen kann. Die Einigung über den in fünfmonatigen Geheimverhandlungen erarbeiteten Resolutionsentwurf deutet erstmals ein gemeinsames Vorgehen der USA und der Sowjetunion gegen den knapp siebenjährigen Golfkrieg an. Iran und Irak sollen in der Resolution zu einem sofortigen Waffenstillstand, dem Rückzug der Streitkräfte an die internationale Grenze und zu einem Gefangenenaustausch aufgefordert werden. Derjenigen Kriegspartei, die der Resolution zuwider handelt, wird ein weltweites Waffenembargo angedroht. Diese Sanktionsdrohung ist eindeutig gegen Iran gerichtet, da Irak sich generell bereit erklärt hat, Waffenstillstandsappelle zu befolgen. Die Einigung über die Resolution erfolgte, nachdem in der ver gangenen Woche ein sowjetischer Vermittlungsversuch im Golfkrieg gescheitert war. Iran hatte eine Einstellung der Kämpfe abgelehnt und war nur bereit gewesen, Angriffe auf Schiffe in den Gewässern des Golfes zu unterlassen. Irak hatte eine solche Teillösung jedoch zurückgewiesen und demonstrativ am Samstag erstmals seit vier Wochen wieder einen Tanker vor der iranischen Küste angegriffen und Irans Ölhafen Kharg bombardiert. Am Sonntag hatte der irakische Luftwaffenkommandeur weitere Angriffe auf Ölexporte und Wirtschaftsziele im iranischen Hinterland angekündigt, um Iran militärisch zur Beendigung des Krieges zu zwingen. Während Irak bereits seit den ersten Kriegstagen kein Öl mehr durch den Golf exportieren kann und wegen der Devisenausfälle hochverschuldet ist, kann die Islamische Republik mit ihren Ölexporten auch einen noch Jahre andauernden Krieg finanzieren. Irans Ministerpräsident Mousavi hatte nach den irakischen Luftangriffen erklärt, die Sicherheit am Golf sei mehr denn je gefährdet. Er beschuldigte Kuwait, die irakischen Angriffe ermöglicht zu haben. Diese Äußerungen deuten auf eine Intensivierung der iranischen Angriffe auf Tanker mit kuwaitischem Öl hin. Die Regierung in Teheran erhöht den Druck auf Kuwait, um die arabischen Staaten zu zwingen, Bagdad im Krieg nicht mehr zu unterstützen. Um dies zu verhindern, will Reagan Anfang Juli kuwaitischen Tankern militärischen Geleitschutz geben. Da Kuwait bereits drei sowjetische Tanker gechartert hat, die ebenfalls von Kriegsschiffen eskortiert werden, haben die USA und die UdSSR ein gemeinsames Interesse, die Angriffe auf Tanker zu unterbinden. Eine Resolution des UN–Sicherheitsrates wird aber an der sich abzeichnenden Eskalation wenig ändern, da Iran seit Kriegsbeginn seine Rüstungsindustrie verstärkt ausgebaut hat und bei relativ großen Waffen– und Munitionsvorräten auch im Falle eines Waffenembargos den Krieg fortsetzen kann. Bereits seit Wochen hat Teheran im nördlichen und mittleren Abschnitt der Front begrenzte Angriffe gestartet, um Irak weiter militärisch zu schwächen. Da nach dem Meinungsumschwung im US–Kongreß eine verstärkte US–Militär–Präsenz im Golf sicher sein dürfte, kann man allerdings davon ausgehen, daß sich die Situation im Golf in den kommenden Wochen dramatisch zuspitzen wird.