I N T E R V I E W Beratung zu repressiven Maßnahmen

■ Der uruguayische Innenminister Antonio Marchesano zur Hilfe der CSU–nahen Hanns–Seidel–Stiftung beim Aufbau einer Polizeieinheit in Uruguay Nach Guatemala soll nun auch Uruguay bundesdeutsche Polizeihilfe bekommen. Dem uruguayischen Innenminister wurden Mitte März in Bonn, Hamburg, München und Wiesbaden die neuesten Errungenschaften der Polizei schmackhaft gemacht.

taz: Im März dieses Jahres haben Sie sich in der Bundesrepublik über Polizeieinrichtungen informiert. Antonio Marchesano: In Wiesbaden und Hamburg habe ich Produktionsstätten besichtigt, wo polizeiliche Utensilien hergestellt werden, zum Beispiel eine spezielle Druckerei. In Bonn wurde ich vom Innenminister, hohen Beamten des Außenministeriums und der Parlamentspräsidentin empfangen. In München war ich unter anderem in einer modellhaften Polizeischule. Welche Rolle spielt die Hanns–Seidel–Stiftung? Ich persönlich habe an diversen Veranstaltungen der Stiftung teilgenommen. Wir unterhalten zu ihr exzellente Beziehungen. In Montevideo kursiert das Gerücht, daß die Hanns–Seidel–Stiftung die Bildung einer der Justiz unterstellten neuen Polizei initiieren will? Die Hanns–Seidel hat eine Ratgeberfunktion übernommen bei dem Wunsch der Justiz, unter eigener Führung eine neue Polizeieinheit zu gründen, die bei den Ermittlungen unmittelbar von den Richtern eingesetzt wird. Hierbei kann die Hanns–Seidel–Stiftung technische Hilfe leisten, indem sie die europäischen Erfahrungen weitergibt und eine Beraterfunktion wahrnimmt. In den letzten Tagen hat der Chef der Technischen Polizei, Alejandro Otero, aufgerufen, sich vorzubereiten auf den Kampf gegen den Terrorismus und entsprechende technische Ausrüstung gefordert. In Punkto Terrorismusbekämpfung ist ja die deutsche Polizei weltberühmt... Allerdings! .. haben Sie sich auch in diesem Zusammenhang an die Bundesrepublik gewandt? Unsere Polizei muß sich die moderne Technik zu eigen machen, um ihre Effizienz zu steigern. Nur eine gut ausgerüstete Polizei kann präventiv tätig sein und das Verbrechen schon im Vorfeld verhindern. Natürlich wird Terrorismus ebenso wie andere Delikte verfolgt werden. Von der Polizeihilfe versprechen wir uns vor allem eine Beratung in Bezug auf repressive Maßnahmen. Wenn wir von Hilfe reden, meinen wir damit Fahrzeuge, Transporter, Busse, Streifenwagen; wir wollen ein modernes Kommunikationssystem, um den Informationsaustausch der Polizei zu beschleunigen und effektiver zu gestalten; und wir wollen elektronische Datenverarbeitung für die Prävention. Mit einer gesteigerten polizeilichen Effizienz wollen wir den Bürgern eine größere Sicherheit garantieren. Mit welchen Ministerien in der Bundesrepublik haben Sie verhandelt? Im Innenministerium wurden die Bedingungen und die Notwendigkeit geprüft, das Außenministerium scheint auf dem Geld zu sitzen, das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit treibt das Projekt auf allen Ebenen voran, und dann muß noch der Bundestag beschließen. Wir befinden uns in der letzten Etappe. Durch den Besuch von Präsident Sanguinetti wird das Interesse an dem Demokratisierungsprozeß noch gesteigert werden. Die demokratische Regierung hat aber innerhalb der Polizei kaum etwas verändert. Wenn wir von Polizei reden, meinen wir damit auch die Feuerwehr und das polizeiliche Krankenhaus mit 250 Betten. Die Polizei hat schon immer viele soziale Aufgaben wahrgenommen, zum Beispiel auf dem Land bei der Bekämpfung der Hidatidosis, einer Seuche, die von Hunden übertragen wird. Die Polizei kontrolliert Tiere, kümmert sich um Impfungen, benachrichtigt über das Polizeiradio Estancien (Landgüter) und transportiert Kranke und Hochschwangere. Aber dafür haben Sie keine Polizeihilfe aus Deutschland beantragt. Auch dafür, denn wir haben ja um Transporter und Busse gebeten. Hier hat sich die Polizei grundlegend verändert. Von einem System, in dem es keinerlei Garantien für die Bürger gab, sind wir zu einem Land geworden, wo alle Rechte respektiert werden. Die Polizei hat sich dieser Veränderung nicht nur angepaßt, weil eine neue, zivile Regierung an der Macht ist, sondern wirklich aus Überzeugung. Es reicht doch nicht aus, nur die Männer auszutauschen; man kann alle Polizisten rauswerfen und trotzdem wie vorher weitermachen. Wir haben einige ausgetauscht. Es kann sein, daß es einige Beamte gibt, die früher auf denselben Posten saßen, aber nicht alle von ihnen waren schlecht. Schwarze Schafe gibt es überall, auch bei Ministern und Journalisten.“ Interview: Gabi Weber