Thyssen kürzt 5.900 Stellen

■ Aufsichtsrat vertagt Entscheidung über Massenentlassungen / Abbau über Sozialplan angestrebt / 15.000 Metaller demonstrierten in Duisburg

Von Jakob Sonnenschein

Duisburg (taz) - Der Aufsichtsrat der Thyssen–Stahl AG hat am Dienstag mit einer Stimme Mehrheit die Stillegungspläne des Vorstandes gebilligt. Danach fallen in den Thyssen–Werken in Hattingen 2.900 und in Oberhausen 3.000 Stellen dem „Kahlschlag der Stahlbosse“ (IG Metall) zum Opfer. Ausschlaggebend für die Entscheidung war die Stimme von Alt–Bundespräsident Walter Scheel, der als „neutraler Mann“ dem Gremium angehört. Die konkreten Modalitäten des Arbeitsplatzabbaus läßt die Aufsichtsratsentscheidung offen. „Betriebsbedingte Kündigungen“, also Massenentlassungen, soll es zumindestens bis zur Tagung des europäischen Stahlrates am 23.September nicht geben. Erst danach, so hatte Bundeswirtschaftsminister Bangemann erklärt, will die Bundesregierung über eine Beteiligung an den Sozialplankosten entscheiden. Von diesen staatlichen Zuschüssen hatten die Stahlunternehmer in einer Vereinbarung mit dem IG– Metall–Vorstand den Verzicht auf Massenentlasssungen abhängig gemacht. Dazu stehe Thyssen Stahl „uneingeschränkt“, so Vorstandsvorsitzender Kriwet. Für den Fall einer „Verweigerungshaltung“ durch Bonn und Düsseldorf kündigte Kriwet die Entlassung von jeweils bis zu 1.000 Mit arbeitern in Hattingen und Oberhausen an. Die Vereinbarung stößt inzwischen in linken IG– Metall–Kreisen auf zunehmende Kritik. Der Thyssen–Betriebsrat Spahn befürchtet, daß es zu sozial abgefedertem Abbau, nicht jedoch zur Schaffung von Ersatzarbeitsplätzen kommen werde. Etwa 15.000 Stahlarbeiter demonstrierten vor dem Tagungsgebäude erneut gegen die Stillegungspläne. Der Duisburger Oberbürgermeister Josef Krings, selbst als Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat, sagte: „Wir werden nicht vergessen, wer uns verrecken läßt.“ Mit dem Beschluß „sei das letzte Wort noch nicht gesprochen“. Zeitgleich blockierten 2.500 Krupp–Stahlarbeiter eine Rheinbrücke in Duisburg.