Verbitterung und Wut in Hattingen

■ Hattinger Metaller nach Thyssen–Entscheidung über Stillegung zunächst am Boden / „Jetzt Kampf um Ersatzarbeitsplätze“ / Stahlbetriebsräte kritisieren IGM–Vorstand / NRW–Regierung bleibt beim Nein: Kein Geld für Sozialpläne

Von Jakob Sonnenschein

Düsseldorf/Hattingen (taz) - Der Stillegungsbeschluß für die Thyssen–Stahlwerke in Hattingen und Oberhausen, der am Dienstag bei den Betroffenen zunächst lähmendes Entsetzen ausgelöst hatte, führte am Mittwoch schon wieder zu neuen strategischen Überlegungen. Vor allem in der Hochburg des Widerstandes, in Hattingen, lautete am Tag danach die Parole im Betriebsrat und bei der örtlichen IG Metall: jetzt den Kampf auf die Schaffung von Ersatzarbeitsplätzen zu konzentrieren. Daß die Stillegungsbeschlüsse rückgängig gemacht werden könnten, daran glaubt in Hattingen niemand mehr. Bleich, mit versteinerten Mienen, manche tränenüberströmt, so hatten etwa 4.000 Menschen am Dienstag vor der Henrichshütte in Hattingen zunächst auf den Stillegungsbeschluß reagiert. Der Stille waren wütende Schreie gefolgt - „Scheel, du Verräter“ -, denn der kleine Hoffnungsfunke, das Stahlwerk doch noch retten zu können, hatte sich bei jedem einzelnen, trotz aller gegenteiligen Signale, bis zuletzt gehalten. Jetzt, so der Hattinger IGM– Ortsbevollmächtigte König am Mittwoch morgen zur taz, gehe es aber darum zu verhindern, daß der Stillegungsbeschluß tatsächlich zur Vernichtung von 2.900 Arbeitsplätzen führe. Thyssen müsse gezwungen werden, Ersatzarbeitsplätze zu schaffen. Denn nur so könne der „Kollaps“ der Region verhindert werden. Ohne Ersatzarbeitsplätze werde sich, so die realistische Erwartung der IG Metall, die Arbeitslosigkeit in Hattingen auf ca. 30 12.Juni als akzeptabel. Die Vereinbarung sieht einen Verzicht auf Massenentlassungen unter Bedingungen vor. Fortsetzung auf Seite 2