Weizsäcker ausgewogen in Athen

■ Neben Antifaschisten glaubte der Bundespräsident auch Nazi–Soldaten ehren zu müssen / Gastgeber wenig begeistert von „gleicher Freundschaft“ zu Athen und Ankara

Athen (ap/taz) - Als erstes ausländisches Staatsoberhaupt hat Bundespräsident Weizsäcker den „Opferplatz der Freiheit“ besucht, die zentrale Exekutionsstelle von Wehrmacht und SS im Athener Vorort Kaessariani. Hier waren zwischen 1942 und 1944 mehr als 1.000 Widerstandskämpfer erschossen worden, darunter 19 Kinder unter 14 Jahren. „Ich hatt einen Kameraden“ blies ein Trompeter, während das Staatsoberhaupt der ehemaligen Besetzer an der Gedenkstätte einen Kranz niederlegte. Viele Griechen hätten damals große Risiken auf sich genommen, sagte Weizsäcker, um Tausende jüdische Mitbürger vor dem Zugriff einer verblendeten Ideologie und Machtwillkür zu retten. Kaum erwähnt wurde in der griechischen Presse, daß Weizsäcker es auch für geschmackvoll hielt, deutsche Opfer des griechischen Widerstands zu ehren - Nazi– Soldaten also, die meist Opfer von Partisanenüberfällen wurden. Ähnlich ausgewogene Lauheit zeigte Weizsäcker auch in seiner Position zum griechisch–türkischen Konflikt um den EG–Beitritt der Türkei; von gleicher Distanz und gleicher Freundschaft Bonns zu Athen und Ankara waren die Gastgeber, wie sich in Gesprächen mit Staatspräsident Satzetakis und Ministerpräsident Papandreou zeigte, nicht begeistert. Satzetakis forderte ihn auf, die Türkei zu „zwingen, sich an die internationale Legalität zu halten“. Der nicht wohl überlegte Beitritt „von Partnern aus Ländern mit unterschiedlichen kulturellen Grundlagen und einer unserem Wertsystem nicht entsprechenden staatlichen Praxis“ werde nicht nur bewirken, daß „die Gemeinschaft keine Stärkung erfährt, sondern auch, daß der gefährliche Keim einer fortschreitenden Verwesung mit auftritt“. Gestern, am dritten Tag, durchgehend Ruhigeres: Kulturhistorie für den Staatstouristen und ein Wirtschafts–PR–Termin in Begleitung von Genscher bei Siemens–Tele Saloniki, die Telefonanlagen herstellt. kno