I N T E R V I E W Jugendliche schlagen „Waldalarm“

■ Jugendorganisation will ein vergessenes Thema wieder in den Blickpunkt rücken

„Waldalarm 87“ heißt das Motto einer Serie von Jugend–Camps und Aktionstouren der „European Youth Forest Action“ (EYFA), die im Monat Juli in verschiedenen west– und osteuropäischen Ländern laufen. Der „Waldalarm“ soll das Waldsterben erneut thematisieren und zeigen, daß Jugendliche grenzüberschreitend aktiv werden. Die taz sprach mit dem Deutschen Burkhard Pranke (23) und dem Holländer Elbert Westerbeek (19) von EYFA. taz: Ihr startet eure Aktions–Tour „Waldalarm“ zu einer Zeit, da das Waldsterben kaum noch jemanden hinterm Ofen vorlockt. Antwort: Gerade deswegen, weil der Wald ja trotzdem weiterstirbt. Wir wollen uns nicht damit abfinden, daß das Waldsterben kein Thema mehr ist. Wir wollen es wieder zu einem politischen Thema machen. Ein Sommerlager zum Waldsterben - das klingt nach Pfadfindertum unter ökologischem Vorzeichen? Darf man sich so ein Lager als Waldläuferidylle oder eher als politische Aktion vorstellen? Nehmen wir unser Camp in den Niederlanden. Die erste Woche ist eine Studienwoche, in der wir uns mit dem Waldsterben in Arbeitsgruppen auseinandersetzen. Die zweite Phase ist eine kreative Woche. Da werden Transparente gemalt, Flugblätter hergestellt, Lieder und Theaterstücke zum Thema gemacht usw. In der dritten Woche sind Aktionen vor Kraftwerken und chemischen Betrieben im niederländisch–belgisch–deutschen Dreiländereck geplant. Und zwar vor Fabriken aller drei Nationen. Auch nach England gehen wir, weil England der größte Luftverschmutzer West–Europas ist und als einziges EG–Land das Ausführungs–Protokoll des 30–Prozent–Clubs immer noch nicht unterschrieben hat. (30–Prozent–Club werden die Unterzeichnerstaaten einer Konvention genannt, welche Schadstoffsenkungen um mindestens 30 Prozent bis 1995 vorsieht und bisher in Europa nur von Großbritannien und Polen nicht unterzeichnet wurde, d.Red.) Könnt ihr kurz erklären, wer oder was die „European Youth Forest Action“ überhaupt ist? Wir sind ein Zusammenschluß von inzwischen rund 200 Jugend– und Umweltorganisationen aus Ost– und Westeuropa. Gegründet wurde die Aktion 1985 durch eine Initiative aus Schweden. 1986 haben wir dann eine sechswöchige internationale Forest–Tour von Nordschweden quer durch Europa bis nach Ungarn gemacht. Wer kann an euren Lagern teilnehmen? Wen sprecht ihr an? Wir wenden uns in erster Linie natürlich an Jugendliche; es gibt aber keine offizielle Altersbegrenzung. Wo finden denn welche Camps statt? Wir machen Camps in England, den Niederlanden und Frankreich. Außerdem gibt es Bus–Touren durch Polen, Ungarn, die CSSR und eine Tour mit der Eisenbahn durch Italien. Nichts in der Bundesrepublik? Doch, in Eschenbach, in der Nähe von Nürnberg, gibt es ein Studiencamp zum Waldsterben. Im Westen Camps, im Osten nur Bus–Touren. Warum kein Camp in einem Ostblock–Land? Wir wollten ein Camp in Polen organisieren. Aber die Gemeinde von Krakau hat die Genehmigung wieder zurückgezogen. Letztes Jahr hatten wir in Ungarn ein Camp mit Pressekonferenz, Diskussionen mit Politikern und allem drum und dran. Habt ihr Kontakt mit östlichen Jugendgruppen? Ja. Wir haben Kontakte mit Pfadfindern und Umweltorganisationen in Ostblock–Ländern. In Polen und Ungarn gibt es nationale Koordinationsbüros. Die offizielle Statistik behauptet ja, das Waldsterben stagniere, mancherorts sei sogar leichte Besserung zu beobachten. Die Waldschäden scheinen tatsächlich zur Zeit zu stagnieren - auf sehr hohem Schadensniveau muß man dazu sagen. Allerdings nur dadurch bedingt, daß es in den letzten Jahren sehr viel geregnet hat. Viele anerkannte Wissenschaftler sagen, es genüge nur ein trockenes Jahr, und die Wäldschäden würden katastrophale Ausmaße annehmen. Interview: Thomas Scheuer Kontakt: EYFA Deutschland, c/o Gisela Enders, Alveradistr. 6, D–5303 Bornheim 3, Tel.: 02227–1344