USA und EG gegen Digitalmusik

■ „Mord an Musikindustrie“

Tokio (dpa/vwd) - Das weltweite Interesse an der DAT– Technik, an „Digital Audio– Tape Recorder“, wird beim japanischen Elektronik–Giganten Sony nicht nur vermutet, sondern es gibt dafür jeden Tag neue Beweise: Aus den entferntesten Ländern der Welt kommen Aufträge für eines der revolutionären neuen Geräte, manchmal sogar mit einem Blankoscheck versehen. Sie werden nicht erfüllt, weil die japanischen Hersteller die neue Technik bisher nur im eigenen Land anbieten. Dort haben sich die DAT–Geräte in den ersten vier Monaten seit der Markteinführung als herbe kommerzielle Enttäuschung erwiesen. Japans Audiophile hören sich zwar in Tokio immer wieder Musik vom DAT– Recorder an, zücken aber nur ganz selten die Kreditkarte oder die Brieftasche: mit Preisen um 200.000 Yen (2.400 DM) sind DAT–Geräte mindestens viermal so teuer wie ein Compact Disc Player, der nach dem selben technischen Prinzip arbeitet. Die DAT–Konferenz, in der sich die japanischen Produzenten zusammengeschlossen haben, weiß genau, wie es zu diesem Mißerfolg kommt. In den USA und in der EG, den potentiell größten Absatzmärkten also, ist die DAT–Technik bisher konsequent abgeblockt worden. Sie sei ein „versuchter Mord an der Musikindustrie der Welt“, sagte Stanley Gortikow, der Präsident der Recording Industry Association of America, als die ersten Geräte in Japan auf den Markt kamen. Die Amerikaner und die Europäer fürchten, daß ihre und alle anderen Märkte der Welt bald von Raubkopien überschwemmt würden, wenn die DAT–Technik erst frei zur Verfügung steht und voll ihre Möglichkeiten ausschöpfen kann: Jeder Amateur, könnte urheberrechtlich geschützte Musikaufnahmen von einem Compact Disc oder von einem anderen Digitalband technisch in CD–Qualität einwandfrei kopieren und unter die Leute bringen, ohne daß Komponisten und Interpreten dafür einen Pfennig bekämen. Die Japaner haben sich bisher konsequent dagegen gewehrt, einen in des USA entwickelten „Spoiler“ in die Geräte einzubauen, der die digitale Überspielung von einem Tonträger zum anderen unmöglich macht, aber auch die Wiedergabequalität beeinträchtigt. Die japanische DAT–Konferenz will bei der nächsten Tagung des zuständigen Ausschusses der International Electrotechnical Commission im September in Peking noch einmal versuchen, Zustimmung für ihren technischen Standard bei den neuen Geräten zu finden. Neben den zu hohen Preisen nämlich ist ihrer Überzeugung nach die Tatsache für die Absatzprobleme in Japan maßgeblich, daß es kaum bespielte DAT–Bänder zu kaufen gibt: Die amerikanischen und europäischen Gesellschaften weigern sich, die Rechte herzugeben. Die Absatzprognose für dieses Jahr, die Anfang März von den acht Herstellern auf dem Markt mit 100.000 DAT–Geräten beziffert wurde, dürfte bei weitem nicht erreicht werden: Bis Ende Juni wurden schätzungsweise nur 10.000 Recorder des neuen Typs verkauft. Erst die Produktion in großen Stückzahlen jedoch und der große Konkurrenzdruck auf den großen Auslandsmärkten, wo mit kräftigen Preissenkungen Vorteile gegen die Konkurrenz zu erzielen sind kann den Durchbruch bringen. McCASH FLOWS ORAKEL