Henkel: Die Familie ist alles

■ Am letzten Montag tagte die Hauptversammlung der Henkel KGaA / Rosige Zeiten für die 90er Jahre / Der „Putzkonzern“ ist fest in familiärer Hand / Aktionäre zufrieden über Erfolgsbilanz

Aus Düsseldorf Georgia Tornow

Wenn die Hauptversamlung dahinplätscherte wie vom Eigenprodukt „Pril“ entspanntes Wasser, zeigt das nur, daß die Welt im viertgrößten bundesdeutschen Chemie–Konzern noch in Ordnung ist. Alle waren zufrieden auf dem Aktionärstreffen der Henkel KGaA am Montag in Düsseldorf, insbesondere mit sich selbst: die Kleinaktionäre mit ihrer Entscheidung für die „Persil“–Aktie, die ihnen nun erstmals eine Dividende von 7,50 DM pro Stück einbrachte; der Vorstand mit dem Erfolg seiner Partnerschafts– und Zukauf–Strategie, die Henkel– Anteile auf Auslandsmärkten von den USA bis Ungarn erhöhte; schließlich und vor allem konnten sich die Nachkommen jenes Kommerzienrates Fritz Henkel, der 1878 „Henkels Bleich–Soda“ auf den Markt brachte, auf die Schulter klopfen. Dank geschickter Verknüpfung verschiedener Unternehmensmodelle hat die Familie im Weltkonzern Henkel auch heute noch das Sagen. Bereits 1975 hatte der Konzern die Unternehmensform einer Ko manditgesellschaft auf Aktien (KGaA) angenommen und im Oktober 1985 dann den Schritt an die Börse getan. 65.000 Kleinaktionäre kauften seitdem Henkel–Vorzugsaktien und brachten 75 Millionen zusätzliche Mark ins Haus. Stimmrecht haben aber ausschließlich die Besitzer der Stammaktien im Wert von 400 Millionen DM, alles Mitglieder des mittlerweile 66köpfigen Henkel–Clans. Aber auch da geht es nicht zu wie bei Hempels unterm Sofa: Nach dem Willen des Gründers sprechen die drei „Stämme“ jeweils nur mit einer Stimme. Das sichere im großindustriellen Maßstab kurze Entscheidungswege, lobte die FAZ. Wenn zweimal hintereinander keine Dividende ausgezahlt würde, bekämen auch die Vorzugsaktionäre automatisch Stimmrecht, eher eine Horrorvision für die Schar der Kleinaktionäre. Aber angesichts der Dividende und von Kurssteigerungen von 390 DM am Tag der Erstausgabe auf 490 DM am Jahresende 1986 verfolgten sie die Hauptversammlung auch ohne Mitbestimmung durchaus zufrieden. Sich der Ungleichbehandlung von Stamm– und Vorzugsaktien zu beugen fällt leichter, wenn sich die Hohe Familie sympathisch präsentiert. Dazu gehört der Verzicht der Stammaktionäre auf einen Teil der ihnen zustehenden Dividende - keine große Tat, bei 4,50 DM pro Aktie bleibt immer noch das Sümmchen von 36 Millionen übrig - und die Präsentationsfigur Konrad Henkel. Der promovierte Naturwissenschaftler wollte, laut Pressemitteilung seines Hauses, „nie etwas anderes sein als Chemiker“. Es zeigt sich, daß es gar nicht so einfach ist, eine Versammlung zu leiten, die von A bis Z nur bereits getroffene Entscheidungen nachinszeniert. Es wurde zwar abgestimmt, Konrad Henkel fragte aber lediglich nach Nein–Stimmen und Enthaltungen, die Mehrheit im Stammaktienlager war ja bereits bei Henkels auf dem Sofa beschlossen worden. Mit Akkuratesse konnte dann festgestellt werden, daß die Ausgabe von Obligationsscheinen auf Henkel–Aktien - ein weiteres über die Börse laufendes Finanzierungsinstrument - bei 66 Gegenstimmen und 27 Enthaltungen angenommen war. Die Erfolgsbilanz, die der Vorstandsvorsitzende Prof. Sihler vorstellte, überrraschte keinen. Im Jahr 1986 hatte die Henkel– Gruppe weltweit 8,7 Milliarden Mark umgesetzt, wobei der Inlandsanteil von 34% und ein kleiner Export aus der Bundesrepublik von neun Prozent deutlich unter dem Anteil ausländischer Töchter und Beteiligungen lag. In der Weltrangliste der fettchemischen Produkte liegt Henkel auf Platz 1, bei den Klebstoffherstellern können die Düsseldorfer die breiteste Produktpalette vorweisen, und bei Waschmitteln und Körperpflege sind sie in Europa Spitze. Für die 90er Jahre sieht sich Henkel gut gerüstet. In der Tat bietet der Konzern für viele etwas: Persil, die altbekannte Marke, die in diesen Tagen 80 Jahre alt wird, ist in zwei Variationen auf dem Markt: Phosphatarm und phosphatfrei, letztes mit grünem Henkel. Wer wolle, könne das als Symbol nehmen, rät die Henkel– Werbung. Bei so viel guten Aussichten droht Henkel bis ins Jahr 2000 - solange ist der Familienbesitz der Stammaktien festgelegt - jährlich eine bittere Pille: die langweilige Hauptversammlung.