AL–Berlin diskutiert Koalitionsfrage

■ Bittere Selbstdiagnose und Kritik an Politik der GAL–Hamburg / Auf die SPD in „offensiver Weise“ zugehen

Berlin (taz) -Die Berliner Alternative Liste (AL), die bislang zusammen mit der Hamburger GAL im bundesgrünen Panorama sich als der Hort des Linksradikalismus darstellte, hat sich zu ihrer eigenen Verblüffung zu einer realistischen Bilanz - insbesondere in Hinblick auf die in zwei Jahren drohenden Wahlen - aufgerafft. Am Mittwoch abend, bei drückend–schwüler Hitze, widmeten sich etwa 250 von 3.100 AL–Mitgliedern in einer Mitgliedervollversammlung dem allgemeinen Zustand der Partei. Anberaumt war die Diskussion vom neuen Geschäftsführenden Ausschuß (GA); daß es eine selbst für die Anwesenden überraschend offene Diskussion wurde, entsprang wohl dem erstmaligen Verzicht auf Beschlußvorlagen und Anträge. Die Selbstdiagnose der AL war hart genug: die Partei sei kein „Hoffnungsträger“ mehr, sie sei in die „entscheidende Krise“ geraten. Viele betonten die „politische Ohnmacht“. Götz Schwarzrock befand, die Idee von „Standbein– Spielbein“, vom Zusammenspiel parlamentarischer Aktionen und Bewegungen sei gescheitert. Der Abgeordnete Lohauß noch pointierter: Man müsse einsehen, daß es falsch sei, „den Bewegungen hinterherzulaufen“. Der alternative Mummenschanz im Parlament, die alternativen „Pappnasen“ reichen nicht mehr aus. Bedeutsamer noch waren die ausgesprochen kritischen Konsequenzen aus den Hamburger Wahlen. Auf keinen Fall will man sich so ausmanövrieren lassen wie seinerzeit die GAL. Dieter Liehmann, Mitglied des Delegiertenrates und eher zur GAL–Politik tendierend, sprach davon, daß ein „rot–grünes Reformprojekt“ nötig sei. Man dürfe nicht nur taktisch auf die SPD zugehen. GA– Sprecherin Arkenstette beschwor die ALer, eine rot–grüne Alternative dürfe „nicht an uns scheitern“. Alle - mit Ausnahme des GA– Mitgliedes Margarete von Galen - waren der Meinung, daß die AL erst dann wieder vorankomme, wenn sie „aus eigener Initiative“ eine rot–grüne Hoffnung formuliere. Eine Diskussion der Desiderate, in der niemand - bei beginnender Sommerpause - einen konkreten Anspruch auf Machtablösung des Senats zu formulieren wagte. KH/mow