Chefredakteur in Chile verhaftet

■ Der Chefredakteur des oppositionellen Wochenmagazins Analisis, Cardenas, wurde nach seiner Rückkehr aus Europa verhaftet / In Abwesenheit zu eineinhalb Jahren Haft verurteilt

Von I. Lipthay und R. Krieg

Münster (taz) - Der chilenische Journalist und Chefredakteur des oppositonellen Wochenmagazins Analisis, Juan Pablo Cardenas, ist, wie erst gestern bekannt wurde, Anfang der Woche in Santiago verhaftet worden. Cardenas war während eines Auslandsaufenthaltes zu eineinhalb Jahren Haft verurteilt worden - wegen seiner kritischen Berichterstattung. Grundlage war das „Gesetz für die innere Sicherheit“, das sich die Junta geschaffen hat. Trotz der sicheren Aussicht, verhaftet zu werden, war Juan Pablo Cardenas im Juni zurückgekehrt, nachdem er in Finnland den Preis des internationalen Verlegerverbandes, die „Goldene Feder der Freiheit“, entgegengenommen hatte. Gegenüber der taz hatte er vor seiner Rückkehr begründet, warum er nicht im Exil bleiben wollte: „Ich glaube, daß das Exil mir keine Möglichkeit gibt, den Kampf gegen die Diktatur effizient zu führen. Und daß es auch nach 14 Jahren Diktatur besser ist, in Chile zu bleiben, selbst wenn man in einer Zelle sitzt, um diese berufliche Verpflichtung zu erfüllen.“ Die Zeitschrift Analisis, die von Cardenas geleitet wird, entstammt dem linkskatholischen Spektrum und gilt - nachdem die Kirche ihr 1984 den Schutz ihrer Schirmherrschaft entzog - heute als wichtigste oppositionelle Zeitschrift des Landes, die von keiner politischen Gruppierung abhängig ist. Sie hat 15 festangestellte Redakteure, der Großteil der Arbeit wird von freien Mitarbeitern - darunter auch Korrespondenten im Ausland - übernommen. Die Mitarbeiter des Oppositionsblattes mit der größten Auflage werden immer wieder mit dem Tode bedroht. Nach dem Attentat auf Pinochet im September 1986 wurde der Redakteur Pepe Carrasco entführt und erschossen. Die Zeitung selbst war zweimal - für sieben bzw. vier Monate - verboten.