Südafrikanischer Kirchenrat toleriert Gewalt

■ Gewalt im Kampf gegen Apartheid stand im Mittelpunkt der Jahreskonferenz des südafrikanischen Kirchenrates / Der schwarze Pater Frank Chikane ersetzt Beyers Naude als Generalsekretär / Zum ersten Mal Frauen in der Kirchenführung vertreten

Von Hans Brandt

Johannesburg (taz) - Tolerierung der Gewalt im Kampf gegen Apartheid, Aufrufe zu zivilem Ungehorsam und verstärktes politisches Engagement der Kirchen charakterisierten die Verhandlungen der gestern beendeten Jahreskonferenz des südafrikanischen Kirchenrates (SACC). Auch die Anstellung des jungen schwarzen Pastors Frank Chikane als Nachfolger von Dr. Beyers Naude im Amt des Generalsekretärs bestätigt die Entschlossenheit der SACC–Mitglieder, sich noch intensiver für die unterdrückte schwarze Mehrheit einzusetzen. Die Diskussion über die Legitimität von Gewalt im Widerstand gegen Apartheid stand im Mittelpunkt der dreitägigen Konferenz. In Resolutionen zeigten die schwarzen Mitglieder des Rates für die Politik des gewaltsamen Widerstandes gegen die Apartheid zumindest Verständnis, auch wenn sie noch nicht eindeutig ihre Unterstützung signalisierten. Im Gegensatz dazu wurde eine pazifi stische Resolution, die von führenden weißen Vertretern eingebracht worden war, mit großer Mehrheit zurückgewiesen. Die Apartheid–Politik sei „Gotteslästerung“, hieß es in einer anderen Resolution, deshalb habe das Regime keine moralische und daher auch keine rechtliche Grundlage mehr. Die Kirchen werden dazu aufgerufen, den „ungerechten Gesetzen“ der Apartheid keinen Gehorsam mehr zu leisten und stattdessen die „alternativen Strukturen“ zu unterstützen, die Widerstandsgruppen in den letzten Jahren in schwarzen Wohngebieten aufgebaut haben. Diese Strukturen werden von Pretoria verbissen bekämpft. Der neue Generalsekretär, der 36jährige Frank Chikane, ist Gründungsmitglied und ehemaliger Vizepräsident in der Provinz Transvaal der Vereinigten Demokratischen Front (UDF), des 700 Gruppen umfassenden, größten Oppositionsbündnisses Südafrikas. Chikane hat sich intensiv mit der Befreiungstheologie befaßt und war maßgebend am sogenannten „Kairos Dokument“ beteiligt, in dem 151 Geistliche 1985 erstmals Verständnis für die Anwendung von Gewalt im Widerstand gegen Apartheid ausdrückten. Die ehemalige Präsidentin der Menschenrechtsorganisation „Black Sash“ und bekannte Pazifistin, Sheena Duncan, wurde zur zweiten Vizepräsidentin des Kirchenrates gewählt. Zur ersten Vizepräsidentin wurde eine weitere Frau, Virginia Qcabashe, ernannt. Zum ersten Mal sind nun Frauen in der Führung des Kirchenrates vertreten.