Hafenstraße: Konfliktlösung vertagt

■ Erst im September entscheidet neukonstituierte Hamburger Bürgerschaft über räumungsbedrohte Häuser / Jan Philipp Reemtsma enttäuscht über Hinhaltetaktik des Senats / Besetzer machen Häuser bullenfest

Hamburg (taz) - Eine Entscheidung über den Verkauf der räumungsbedrohten Häuser in der St. Pauli Hafenstraße an den Sozial– und Polit–Mäzen Jan Philipp Reemtsma ist auf September vertagt worden. Erst nach der Bürgerschaftssitzung und der Wahl eines sozial–liberalen Koalitionssenats soll abschließend über die Zukunft der ehemals besetzten Häuserzeile beschlossen werden. In dieser Zeit wollen sich die möglichen Koalitionspartner auf ein einheitliches Votum gegenüber der von Reemtsma vorgeschlagenen „Entstaatlichung“ des Konfliktes Hafenstraße verständigt haben. Der amtierende SPD–Minderheitssenat sicherte den Hafenstraßlern für diesen Zeitraum zu, auf den Abriß der Häuser und die Vollstreckung weiterer Räumungstitel zu verzichten, sofern es zu keinen „Gesetzesverstößen“ der Bewohnerinnen und Mieter komme. Vorangegangen waren diesem Beschluß sechsstündige Gespräche der Möchtegern–Koalitionspartner, die unter vertauschten Rollen begonnen hatten. Während sich in den letzten Wochen vor allem der FDP–Spitzenkandidat und mögliche Innensenator Ingo von Münch für eine bedingungslose Übergabe der Häuser an den Mäzen stark gemacht hatte, waren es nun die Liberalen, die das bereits von Reemtsma als „unakzeptabel“ zurückgewiesene „Rückkaufsrecht der Stadt“ wieder auf den Verhandlungstisch brachten. Hingegen hatte am Morgen Hamburgs SPD–Sozialsenator Jan Ehlers erklärt, seine Partei werde nunmehr auf die Vorschläge Reemtsmas eingehen und auf den Teilabriß der Häuser verzichten, wenn die Liberalen einen solchen Beschluß mitverantworten würden. Jan Philipp Reemtsma äußerte sich enttäuscht über das erneute Hinhalten des Senats, hob aber dennoch ein bis Freitagabend befristetes Ultimatum auf, da die Stadtregierung zumindest Bereitschaft zum Einlenken signalisierte. Der Mäzen will nunmehr eine „stand–by–position“ einnehmen. Reemtsma: „Ich habe mein Angebot nicht zurückgezogen, aber ich habe klargemacht, daß ich auf meine Punkte bestehe. Irgendwann wird es dann wieder ein Gespräch geben.“ Unter den Bewohnerinnen und Mietern löste die Entscheidung Unmut aus. „Wir warten nicht länger, sondern wollen die Sache selbst in die Hand nehmen“, erklärte eine Vertreterin der Hafenstraße am Freitag abend auf einer Solidaritätsveranstaltung. Es wird befürchtet, daß der Senat das Moratorium dazu nützen könne, um noch die letzten gerichtlichen Räumungstitel zu erwirken. Deshalb bliebe nur die „Wiederbesetzung“ alter Häuser. Die Hafenstraßlerin: „Wir sind momentan dabei, die Häuser so herzurichten, daß die Bullen nicht mehr so leicht reinkommen.“ Kai von Appen