Lage auf Haiti spitzt sich weiter zu

■ Der Generalstreik hat die Inselrepublik in eine schwere Krise gestürzt / 24 Tote in einer Woche / Haitianische Bischofskonferenz ruft zur Ruhe auf / „Blinder Gebrauch tödlicher automatischer Waffen, die wehrlose Menschen töten“ / Gewerkschaft wieder zugelassen

Port–au–Prince (ap/afp) - Die nach einem Generalstreik gespannte Lage auf Haiti hat sich weiter zugespitzt. Streikführer teilten mit, der Ausstand solle am Montag fortgesetzt werden. Der Streik hat die Inselrepublik in eine schwere Krise gestürzt. In den ersten Tagen des Streiks, der vergangene Woche begonnen hatte, sollen mindestens 24 Menschen von Soldaten erschossen worden sein. Haitianische Politiker und Vertreter der katholischen Kirche riefen die Regierung und die Organisatoren des Streiks auf, eine Übereinkunft zu suchen, um der Gewalt ein Ende zu machen. Der Erzbischof von Port–au– Prince, Francois Wolff–Ligonde, mahnte im kirchlichen Rundfunk Politiker und Offiziere, die Gefahr des Bürgerkriegs von dem Land abzuwenden. Ziel der Organisatoren des Streiks ist es offen bar, die von Offizieren beherrschte Regierung Haitis zum Rücktritt zu zwingen. Gemäßigte Politiker haben vorgeschlagen, die Regierung unter Henri Namphy sollte die Geschäfte nach Umbesetzungen bis zu Wahlen im November weiterführen. Namphy hat es abgelehnt, mit den Organisatoren des Streiks zu verhandeln. In der ersten Woche des Streiks auf Haiti sind vermutlich 24 Personen von Soldaten getötet worden. Journalisten berichteten, sie seien von Soldaten beschossen worden. Im haitianischen Rundfunk war von Vorwürfen an Soldaten die Rede, sie hätten mutwillig zwei Männer erschossen. Die haitianische Bischofskonferenz hat am Sonntag zur Ruhe aufgerufen und gleichzeitig die blutigen Zusammenstöße verurteilt. In ihrem über den katholischen Radiosender „Radio Sonne“ verbreiteten Aufruf protestierte die Bischofskonferenz ferner „energisch“ gegen „den blinden Gebrauch tödlicher automatischer Waffen, die wehrlose Menschen verletzen und töten“. Nach Ansicht der Landeskirche hat die Krise der vergangenen Tage die Ausmaße einer „wahrhaften Tragödie“ angenommen, da ein Teil der Regierenden zur Lösung der Konflikte auch vor Gewalt nicht zurückgeschreckt hätten. Inzwischen hat die Regierung die Gewerkschaft „Autonome Zentrale der haitianischen Arbeiter“ (CATH) wieder zugelassen. In einem Kommunique forderte die Regierung die CATH auf, das Sozialministerium über die Zusammensetzung ihrer provisorischen Führungsspitze zu informieren und die Entscheidung des Gerichts über drei ihrer Führer abzuwarten. Die CATH war am 23. Juni von der Regierung verboten worden, drei ihrer Führer wurden festgenommen, nach sieben Tagen jedoch vorrübergehend wieder auf freien Fuß gesetzt.