Berliner Asylbehörde abgebrannt

■ Brandanschlag vernichtete 6.000 Ausländerakten / Noch keine Bekennerschreiben / Neuauflage der Asylverfahren wegen fehlender Duplikate erforderlich / Längere Schonfrist für Flüchtlinge

Berlin (taz) - Auf die Berliner Asylbehörde ist in der Nacht zum Dienstag ein Brandanschlag verübt worden. Rund 6.000 Ausländerakten wurden vernichtet. Am frühen Morgen konnte die Polizei nur noch einen kleinen Stapel verkohlter Aktenordner und angeschmorter Karteikästen aus den qualmenden Trümmern bergen. Die Asylstelle, vor der sich täglich lange Schlangen von Flüchtlingen bildeten, die Aufenthaltsgenehmigungen bekommen wollten, ist durch den Brand völlig vernichtet worden. Bekennerschreiben gab es gestern noch nicht. Vermutlich hatten die Täter Benzin auf das Flachdach des Fertigteil–Gebäudes gegossen. Sechs 20–Liter–Kanister wurden an der Brandstelle gefunden. Der Sachschaden wird auf fünf bis sechs Millionen Mark geschätzt. Gravierender dürften die Auswirkungen auf die Ausländerpolitik sein. Der Innensenator kündigte an, daß die vernichteten Akten nun aus anderen behördlichen Unterlagen rekonstruiert würden. Weil es von den meisten der verbrannten Akten keine Duplikate gibt, werden viele Asylverfahren noch einmal völlig von vorne beginnen müssen. Für Flüchtlinge, die mit einer Ablehnung ihres Asylantrags und Abschiebung rechnen müssen, bedeutet dies zumindest eine längere Schonfrist. Völlig „in die Anonymität verschwinden“ könne niemand betonte Innensenator Kewe nig. Zumindest Name und Anschrift der rund 6.000 in der Asylstelle registrierten Personen seien auch bei anderen Behörden festgehalten. Im Februar war ein Brandanschlag auf die benachbarte Sozialhilfestelle für Asylbewerber verübt worden. Damals hatten sich Revolutionäre Zellen zu dem Anschlag bekannt. mow