Weiße Südafrikaner verhandeln mit ANC

■ Apartheid–Regierung verurteilt das Treffen, das von verschiedenen europäischen Regierungen finanziert wurde

Aus Johannesburg Hans Brandt

Heute beginnen in Dakar, der Hauptstadt von Senegal, Verhandlungen zwischen mehr als 60 führenden weißen Südafrikanern und der verbotenen Befreiungsbewegung ANC. Die Apartheid–Regierung verurteilte das Treffen, nachdem die Delegierten, darunter zahlreiche führende Buren, ausgereist waren. Befürchtungen, daß Pretoria ihre Pässe zurückziehen könnte, um die Verhandlungen zu verhindern, bestätigten sich nicht. Vor diesem Treffen hatten bereits mehrere Gruppen meist vergeblich versucht, mit dem ANC zu Gesprächen zusammenzukommen. Zuletzt waren südafrikanischen Studenten der burischen Eliteuniversität Stellenbosch die Pässe entzogen worden, als sie sich im Oktober 1985 in Sambia mit ANC–Vertretern treffen wollten. Südafrikanern ist es offiziell verboten, Verbindung zu ANC–Mitgliedern aufzunehmen. Die ultrarechte Konservative Partei (CP) beschuldigt deshalb die Regierung, die Gespräche mit dem „von Kommunisten kontrollierten“ ANC stillschweigend zu tolerieren. Es wird sogar spekuliert, daß Pretoria vorab informiert war. Ein Sprecher der regierenden Nationalen Partei (NP) kritisierte gestern die Gespräche mit dem ANC. NP–Informationsdirektor Boy Geldenhuys warnte, daß der „falsche Eindruck“ erweckt werden könne, der ANC beteilige sich an friedlichen Verhandlungen. „Zu einer Zeit, wo wir es gerade geschafft haben, in anderen Ländern Skepsis über den ANC zu wecken, fährt eine Gruppe Südafrikaner ins Ausland und verleiht ihm neue Glaubwürdigkeit.“ Die Delegierten, die vom Leiter des „Instituts für eine demokratische Alternative in Südafrika“ (IDASA) Frederick van Zyl Slabbert eingeladen wurden, sind mehrheitlich liberale Buren, darunter Akademiker, Geschäftsleute wie Johan van Zyl, ehemaliger Präsident der südafrikanischen Industriekammer, Schriftsteller wie Breyten Breytenbach, Geistliche, Sportler, Journalisten und Schauspieler. Zur Finanzierung der Reise haben europäische Regierungen beigetragen, darunter auch die Bundesregierung, aber auch die Friedrich–Naumann–Stiftung.