I N T E R V I E W „Ich muß die Entscheidung akzeptieren“

■ Der aus der Bundesrepublik abberufene nicaraguanische Botschafter Heberto Incer zu den Gründen für seine Ablösung und über die Beziehungen der Sandinisten zur Sozialistischen Internationalen

taz: Sie wurden jetzt von der sandinistischen Regierung als Botschafter abberufen? Heberto Incer: Das ist absolut richtig. Ich wurde darüber auch persönlich von Außenminister Miguel dEscoto, der mir die Gründe dafür nannte, informiert. Was war denn die genaue Begründung für Ihre Ablösung? Mir wurde vorgeworfen, daß ich einen Artikel über ein Treffen mit Vertretern der Sozialistischen Internationale und den Sandinisten publiziert hätte, ohne ihn vorher in Managua vorzulegen. Augenscheinlich haben einige dort dargestellte Punkte bei Mitgliedern der Sozialistischen Internationale Anstoß erregt. Die Regierung Nicaraguas hat daraufhin erklärt, daß die dargestellten Positionen nicht der offiziellen Linie ihrer Politik entsprechen würden und als Reaktion auf die Beschwerden es für nötig befunden, mich von meinem Posten zurückzuziehen. Was waren denn in dem Artikel die heiklen Punkte? Ich sehe in Ihren Ausführungen keinen Unterschied zu denen, die andere sandinistische Politiker bisher gemacht haben. Ich habe keine Ahnung, welche Beschwerden die Freunde von der Sozialistischen Internationalen hatten, unter denen ich sehr gute Freunde habe. An sie hatte ich auch sofort ein Exemplar des Artikels geschickt, aber bis heute habe ich nichts von ihnen gehört. Außerdem habe ich Ende Juni einen Brief an Wischnewski geschrieben, in dem ich den Artikel noch einmal erklärte und mich dafür entschuldigte, falls er sich dadurch angegriffen fühle, was nicht meine Absicht gewesen sei. Hatten Sie denn gehört, daß Wischnewski negativ auf Ihren Artikel reagiert hat? Es gab Gerüchte, daß Wischnewski daran Anstoß genommen habe, was mich wunderte, weil da nichts vorkam, was ihn hatte stören können. Aber da ich nicht wußte, was dahintersteckte, erklärte ich mich ihm gegenüber, daß das ein persönlicher Artikel von mir war, der im Bulletin erschien. Auch darauf erhielt ich keine Antwort. Dazu muß ich erwähnen, daß in unserem Bulletin weniger Regierungserklärungen veröffentlicht werden, als Artikel die generell über Nicaragua informieren. Er ist auch fast so etwas wie ein Pressespiegel, wir druckten Artikel aus der Frankfurter Rundschau, New York Times nach. Es ist ganz klar kein diplomatisches Organ, das Regierungspositionen widerspiegelt. Die offizielle Position veröffentlichen wir immer in gesonderten Kommuniques. Nehmen Sie an, daß Wischnewski, der in Nicaragua ja auch „Comandante Hans“ genannt wird, in der einen oder anderen Form ihre Abberufung mit beeinflußt hat? Wie gesagt, wer da was und wie gesagt hat, darüber weiß ich absolut nichts. Dieser drastische Schritt, einen Botschafter abzuberufen, deutet darauf hin, daß die Sandinisten den guten Beziehungen zur Sozialdemokratie und der Sozialistischen Internationalen immense Bedeutung beimessen. Ja natürlich wollen wir gute Beziehungen zur Sozialistischen Internationalen. Wie auch zu allen Ländern der Welt und auch zu den Vereinigten Staaten. Wir wollen gute Beziehungen zu allen Parteien und besonders zu denen, die sich auf die Seite unseres Volkes stellen. Deswegen legen wir auch besonders Wert auf gute Beziehungen zur Sozialistischen Internationalen und zur SPD. Die SPD spielt ja eine wichtige Rolle innerhalb der Si und innerhalb der Bundesrepublik. Wie berührt Sie dieser Rückruf? Ich habe mich immer gegen Handwerkelei in Staatsgeschäfte ausgesprochen und bin entschieden für eine Professionalisierung in dieser Hinsicht eingetreten. Wenn ich jetzt einen Fehler gemacht habe, muß ich die Entscheidung akzeptieren. Das Gespräch führte Eva v. Hase–Mihalik