Mutlangen–Richter Offenloch befangen?

■ taz–Zitat über „bedauerliche Freisprüche in Blockadeverfahren“ als Begründung des Ablehnungsgesuchs Juristische Geplänkel bestimmen Auftakt des „Blockade–Richter“–Prozesses / Prozeß vertagt

Schwäbisch Gmünd (taz) - Wenn Richter über Richter richten, ist das nicht alltäglich. Entsprechend groß war der Publikumsandrang zum ersten Prozeß gegen die sogenannten „Blockade–Richter“, die am 12.1.87 drei Stunden lang bei bitterer Kälte vor dem Pershingdepot in Mutlangen eine Sitzdemonstration durchgeführt hatten. Rund 50 Sitzplätze hatte der größte Sitzungssaal im Gmünder Amtsgericht, mehr als die doppelte Zahl an Zuhörern wollte den Prozeß verfolgen. Erst unter Androhung, die Stehenden von der Polizei aus dem Saal transportieren zu lassen, gelang es Richter Offenloch einen Teil des Publikums zum Verlassen des Gerichtssaals zu bewegen. Als dann die Sitzung endlich beginnen konnte, überraschte der Berliner Verteidiger Jungfer das Gericht mit einer Reihe von Kritikpunkten an dem unsauberen Vorgehen bei der Vorbereitung des Prozesses. So hätten die drei angeklagten Richter erst kurz vor dem Prozeßbeginn von der Zusammenlegung ihrer Verfahren sowie die Namen mehrerer Zeugen erfahren. Nachdem ihm schon vor Prozeßbeginn Ablehnungsgesuche gegen den Richter Offenloch abgelehnt worden waren, wollte er von weiteren Ablehnungsgesuchen wegen Befangenheit Abstand nehmen. Mitten in die Vernehmungen zur Person kam dann aber doch noch ein Ablehnungsgesuch von der Verteidigung der angeklagten Amtsrichterin Imme Storsberg, gleich nach der Mittagspause. Wie die taz am 20.2.87 berichtete, hatte Richter Ofenloch in der mündlichen Urteilsbegründung im Prozeß gegen die Familie Vack erklärt, er finde die zunehmende Zahl von Freisprüchen in Blockadeprozessen als „betrüblich“ und „bedauerlich“. In dieser Aussage sahen die Verteidiger von Imme Storsberg ein Indiz für die Befangenheit von Richter Offenloch. Der angeklagte Richter Christian Rost schloß sich ihnen an. Richter Offenloch erklärte, er erinnere sich nicht daran, diese Äußerung am 19.2.87 getan zu haben, schloß aber nicht aus, sondern hielt es sogar für wahrscheinlich, dies gesagt zu haben. Da eine rasche Entscheidung über den Befangenheitsantrag nicht herbeigeführt werden konnte, wurde der Prozeß auf unbestimmte Zeit vertagt. Sollte dem Befangenheitsantrag stattgegeben werden, müßte der Prozeß von einem anderen Richter am Gmünder Amtsgericht neu aufgerollt werden. In diesem Fall wäre es fraglich, ob Richter Offenloch überhaupt noch weitere Blockadeprozesse durchführen könnte. Werner Jany