Ein Fiasko für die USA ist im Golf absehbar

■ Nachdem die US–Fregatte „Stark“ im Persischen Golf angegriffen wurde, hat sich die Situation in dem Krisengebiet zugespitzt / Die Kooperation zwischen dem Irak und den USA ist für den Iran eine Provokation / Ein Nachgeben ist für Teheran unmöglich geworden

Von William Hart

Manama (taz) - Doppelte Heuer erhalten Besatzungen von Tankern, die iranisches Öl aus dem von Irak zur Kriegszone erklärten Seegebiet nahe Irans Ölhafen Kharg in ruhigere Gewässer transportieren. Die Matrosen der Tanker sind sich der Gefahren bewußt. 200 von ihnen haben für die Extra–Heuer mit dem Leben bezahlt. Viele sind heute Krüppel. Mit statistischen Argumenten wollen sie dem Schicksal ein Schnippchen schlagen. Der iranische Supertanker „Dena“, zur Zeit in einer Reparaturwerft in Dubai, wurde bereits fünf Mal getroffen, aber nach wie vor sind vor allem Matrosen aus asiatischen Ländern bereit, auf der „Dena“ anzuheuern. In der vergangenen Woche rieben sich die Männer auf der Brücke eines Tankers die Augen. Zuerst nur durchs Fernrohr, später mit bloßem Auge, sahen sie die US–Fregatte „Reid“ durch die Kriegszone gleiten. Das Gebiet 112 Kilometer um den iranischen Ölhafen Kharg steht seit genau drei Wochen im Zentrum der irakischen Raketenangriffe auf Tanker, die in dem Ölhafen beladen worden sind. Amerikanische Kriegsschiffe in diesem Gebiet bilden somit den Beweis, daß es zwischen US–Kriegsschiffen und irakischen Flugzeugen seit dem Angriff auf die Fregatte „Stark“ ein Schwesterschiff der „Reid“ - festvereinbarte Erkennungscodes gibt, wie sie von Irak als Konsequenz aus dem „Stark“–Debakel gefordert worden sind. Für die Islamische Republik Iran ist das natürlich eine unglaubliche Provokation. Denn nichts kann besser die Zusammenarbeit zwischen den USA und Irak verdeutlichen, als Kooperation in der Kriegszone. Mit dieser Art von Politik und militärischer Demonstration ist Teheran ein Nachgeben gegenüber den USA unmöglich gemacht worden. Aber es sind nicht nur politisch–psychologische Momente, die für eine weitere Eskalation zwischen Iran und den USA in den Golfgewässern sprechen. Militärisch hat Washington sich auf eine Kraftprobe eingelassen, die nicht zu gewinnen ist. Die USA verstärken ihre Präsenz auf acht Kriegsschiffe. Nur Ignoranten können glauben, daß diese Flotte im Ernstfall ungeschoren davonkommt. Die einhelligen Aussagen aller iranischen Spitzenpolitiker sind ein Zeichen, daß es Iran um mehr als einen nur verbalen Schlagabtausch geht. Das Kalkül ist klar. Ein Rückzug oder auch nur ein Nachgeben der USA in den Gewässern des Golfes kann der Islamischen Republik den seit Jahren angestrebten politischen Durchbruch im Golfkrieg bringen. Die arabischen Golfstaaten würden auf Distanz zum Irak gehen. Damit würde ein militärischer Sieg in absehbarer Zeit möglich werden. Gleichzeitig ginge ein alter iranischer Traum in Erfüllung: Das Land würde dominierende Macht der Region und damit zum Kontrolleur des Golfes. Dies wäre ein Geschenk des US–Präsidenten an seinen greisen iranischen Counterpart, das den Wert der handsignierten Bibel, die seine Unterhändler im Sommer vergangenen Jahres überreichen sollten, bei weitem überträfe. Daß die US–Politik über kurz oder lang zu diesen Auswirkungen führen dürfte, verdeutlicht auch das Washingtoner Vorgehen im UN–Sicherheitsrat. Nach wie vor werden irakische Position neu gestützt oder sogar übernommen. Dies macht ein Vergleich der im September 1980 verabschiedeten Resolution Nr.479 mit der jetzt von den USA gewünschten Erklärung. Zu Kriegsbeginn wurde nur ein sofortiger Waffenstillstand gefordert, der nicht einen Rückzug zur internationalen Grenze beider Länder vorsah. Eine für Teheran damals nicht annehmbare Resolution, da die irakischen Truppen nach ihrem Einfall in den Iran Grenzstreifen in einer Länge von 600 Kilometern besetzt hielten und iranische Ölfelder im Bereich der irakischen Artillerie lagen. Der in der jetzt geplanten Resolution geforderte Waffenstillstand ist an einen Truppenrückzug an die Grenzen gebunden. Heute hat Iran bedeutende territoriale Vorteile im Krieg. Während Iraks Forderungen immer berücksichtigt werden, findet die iranische Forderung nach Verurteilung des Aggressors keinen Eingang in das geplante US–Dokument. Neben einer Verurteilung des Aggressors, die nicht so einfach ist, da Khomeinis Iran ja eine Mitschuld am Kriegsausbruch trägt, ist die internationale Zusicherung massiver Wiederaufbauhilfe als Gegenleistung für einen Waffenstillstand eine der wenigen tauglichen Mittel, auf ein Kriegsende hinzuwirken. Aber genau dies tut die Reagan–Administration nicht, sondern sie droht, wie in den Zeiten der Geiselnahme, mit Boykott und Zerstörung. Damit betreibt das Weiße Haus eine Politik, die scheitern muß. Im übrigen eine Politik maßloser Selbstüberschätzung, die zudem von den Hardlinern in Teheran konzipiert worden sein könnte.