Vorbeugehaft wegen Zwille

■ Erlanger WAA–Gegner sitzt in U–Haft, weil er am Vorabend einer Demonstration im letzten Jahr gegen das Versammlungsgesetz verstoßen haben soll

Aus Nürnberg Wolfgang Gast

Das Erlanger Amtsgericht hat gestern vormittag bei einem Haftprüfungstermin die Entlassung des 32jährigen WAA–Gegners Ralf J. aus der Untersuchungshaft verworfen, obwohl er über einen festen Wohnsitz und feste Arbeit verfügt. Begründet wird der Haftbefehl mit einem Vorfall vom 6.Juni 86, als ein von Ralf J. gesteuerter Pkw vor einer Erlanger Szene–Kneipe kontrolliert worden war. In dem Fahrzeug, das nicht auf den Angeschuldigten zugelassen war, fand sich bei der Durchsuchung unter anderem eine Zwille. Mit der Begründung, Ralf J. und zwei weitere Insassen des Fahrzeugs befänden sich auf dem Weg zur verbotenen Großdemonstration im 80 Kilometer entfernten Wackersdorf, die erst am folgenden Tag stattfand, konstruierte die Staatsanwaltschaft einen Verstoß gegen das Versammlungsgesetz, weil die Autofahrer dem Gesetzestext nach gefährliche Gegenstände mit sich geführt hätten. Der allei nige Besitz einer Schleuder ist bisher nicht strafbar. Gegen die beiden anderen Fahrzeuginsassen wurde das Verfahren inzwischen eingestellt, Ralf J. jedoch aus diesem Grund am 19.März erstmals wegen vermeintlicher Fluchtgefahr festgenommen, einige Tage vor einem Prozeß, der sachlich in keinerlei Zusammenhang mit dem Erlanger Vorfall stand. In dem Prozeß war Ralf J. vom Schwandorfer Amtsgericht „generalpräventiv“ im März zu einer zehnmonatigen Freiheitsstrafe verurteilt worden, weil er an Ostern letzten Jahres auf dem Weg zum Baugelände eine Zwille bei sich gehabt haben soll. Das Urteil ist nicht rechtskräftig, die Berufungsverhandlung steht noch aus. Anschließend wurde der Haftbefehl im April außer Kraft gesetzt. Mit einer Beschwerde erreichte die Staatsanwaltschaft beim Landgericht Anfang Juni jedoch den Widerruf der „Außer Vollzugsetzung“. Ralf J. wurde am 29.Juni vor seiner Haustür festgenommen, obwohl er sich mehrmals vorher im Zuge seiner Meldeauflagen bei der Polizei gemeldet hatte und jedes Mal von den Beamten heimgeschickt worden war. Nach Angaben seines Anwalts Franz Schwinghammer wird Ralf J. „vermutlich noch mehrere Wochen im Gefängnis bleiben müssen“. KINO WEST, KINO OST Links der Elbe fließt der Whisky, Rechts der Elbe fließt der Wodka, In der Mitte fließt die Elbe. Links der Elbe reiten Cowboys, Rechts der Elbe die Kosaken, Mauser kracht und Winchester. Links der Elbe siegt das Gute, Rechts der Elbe siegt das Gute. In der Mitte fließt die Elbe. Kurt Bartsch