: Bonn „bereinigt“ Krebsgefahren
■ Nicht veröffentlichte Stellungnahme des Bundesgesundheitsamtes vom Februar 1987 bejaht Krebsrisiko durch chemische Reinigungen / Bundesregierung vom Berliner Amt zu weitgehenden Maßnahmen aufgefordert / Grüne fordern Verbot von Perchlorethylen
Aus Bonn Ursel Sieber
Der Bundesregierung liegt bereits seit Februar dieses Jahres eine bisher nicht veröffentlichte Stellungnahme des Bundesgesundheitsamtes vor, welche den in chemischen Reinigungen verwendeten Problemstoff Perchlorethylen eindeutig als „krebserzeugend“ einstuft. Die Grünen–Abgeordnete Charlotte Garbe veröffentlichte gestern Auszüge aus dieser Stellungnahme des Bundesgesundheitsamts und hielt der Bundesregierung vor, ein Verbot des Stoffes zu blockieren. Wie berichtet, ist das krebserzeugende Lösemittel Perchlorethylen bei Angestellten von Reinigungen, Anwohnern, aber auch in der Luft und in Lebensmitteln in der Nachbarschaft von chemischen Reinigungen in hoher Konzentration gemessen worden. In einer öffentlichen Presseerklärung vom 7. Juli spricht das BGA entgegen der eigenen Stellungnahme vom Februar allerdings nicht von „krebserzeugend“, sondern bezeichnet das Lösungsmittel nur als „im Prinzip gesundheitsschädlich“. In der von den Grünen vorgelegten Stellungnahme bezieht sich das Bundesgesundheitsamt u.a. auf eine 1986 vom amerikanischen Gesundheitsministerium veröffentlichte Studie, wonach bei Versuchen mit „männlichen Ratten“ und Mäusen diesem Stoff „eindeutig krebserzeugende Eigenschaften“ nachgewiesen worden seien. Darum fordert das Bundesgesundheitsamt die Bundesregierung zu folgenden Maßnahmen auf: Die Substanz sollte „wegen seiner krebserzeugenden Eigenschaften in Produkten verboten werden, mit denen Verbraucher direkt in Berührung kommen“. Von der „Senatskommission zur Prüfung gesundheitsschädlicher Arbeitsstoffe“ verlangte das Bundesgesundheitsamt, Perchlorethylen in die Kategorie der krebserzeugenden Stoffe einzuordnen. In dieser Kommission sitzen u.a. neun Vertreter von Höchst, Merck, Bayer und BASF. Harsche Kritik übten die Grünen auch an dem Vorsitzenden der „Senatskommission zur Überprüfung gesundheitsschädlicher Stoffe“, Professor Henschler: Henschler habe auf einer Sitzung des wisschenschaftlichen Beirats des Bundesgesundheitsamts am 26. Juni diesen Jahres behauptet, der wissenschaftliche Sachverstand des Beirats reiche nicht aus, um eine Bewertung des Lösungsmittels vorzunehmen. Henschler forderte nach Darstellung der Grünen, weitere Expertenrunden abzuhalten. Die Grünen berichte ten auch von einem Brief, den Henschler Mitte Juni dem BGA zugeleitet haben soll: Darin, so Charlotte Garbe, bestätigte Henschler die Bewertung des Bundesgesundheitsamtes, wonach PER als krebserzeugend einzustufen sei. Gleichzeitig habe Henschler dafür plädiert, mit der Einstufung als „krebserzeugend“ abzuwarten, da eine Überprüfung der offiziellen Bewertungskriterien notwendig sei. siehe auch Seite 5
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