Boykott im Bundestag

■ Bundestagsabgeordneten ist die Volkszählung lästig

Berlin (taz) - Ausgerechnet im Bonner Bundestag, dessen Mitglieder das Volkszählungsgesetz einst einmütig verabschiedeten, droht der Zählung jetzt eine hochprozentige Schlappe: Nachdem die zuständige Bonner Erhebungsstelle im Einvernehmen mit Bundestagspräsident Jenninger beschlossen hatte, daß jeder der 520 Abgeordneten bei der Arbeitsstättenzählung im Zuge der Volkszählung als eine eigene Arbeitsstätte zu werten sei, schob der Zähler - nach teilweise heftigem Disput - zwar den Grünen den roten Fragebogen unter der Fraktionszimmertür zu. Während diese ihre Bögen jedoch längst der Altpapierverwertung zugeführt hatten, warteten andere Abgeordnete vergeblich darauf. „Durch ein technisches Versagen“, wie es in einem handschriftlichen Rundschreiben heißt, erhielten etliche Parlamentarier ihre Bögen, die längst schon bei der Erhebungsstelle liegen sollten, erst am letzten Sitzungstag vor der Sommerpause. Bis „heute mittag 14 Uhr“ sollten die Abgeordneten dann die Bögen ausgefüllt bereithalten „oder beim Etagendienst“ abgeben. Nur: Zu diesem Zeitpunkt, war das Gros der Abgeordneten längst in Urlaub, andere baten ihre zurückbleibenden Mitarbeiter, sich des lästigen Bogens anzunehmen, und wieder andere ließen ihn mit der Bemerkung, das habe Zeit bis nach der Sommerpause, bis zum September auf ihren Schreibtischen ruhen. Ve.