Neue Prozeßwelle gegen Blockierer

■ Prozesse gegen Blockadeaktionen in Hasselbach und Bitburg gehen jetzt in die zweite Instanz / Insgesamt 240 Blockierer von Bitburg sind seit 1984 schuldig gesprochen worden

Von Rolf Gramm

Heidelberg (taz) - In Rheinland– Pfalz gehen jetzt zwei große Prozeßwellen wegen Blockadeaktionen gegen Militäreinrichtungen in die zweite Gerichtsinstanz: Vor dem Landgericht Bad Kreuznach wird am 20.7. gegen Teilnehmer an der Aktion gegen die Cruise– Missile–Stellung Hasselbach im November letzten Jahres verhandelt, das Trierer Landgericht knöpft sich die Beteiligten an einer Blockade des Miltärflughafens Bitburg im September 1983 vor. Die Mitglieder der Friedensbewegung waren in erster Instanz wegen „Nötigung“ in der Regel zu Geldstrafen in Höhe von 30 Tagessätzen verurteilt worden. Wegen der Bitburg–Aktion waren seit 1984 insgesamt etwa 250 Teilneh mer vom Bitburger Amtsgericht „reihenweise“ schuldig gesprochen worden. Mehr als 100 Angeklagte machten von der Möglichkeit der Berufung oder Revision Gebrauch. Ein am Mittwoch begonnenes Revisionsverfahren vor dem Trierer Landgericht, bei dem sich eine 22jährige Hausfrau zu verantworten hatte, wurde inzwischen „bis auf weiteres“ vertagt. Der Vorsitzende Richter hatte mit Verweis auf „die Rechtsprechung der letzten Zeit“ die Einstellung des Verfahrens vorgeschlagen, was von der Staatsanwaltschaft jedoch abgelehnt wurde. Bei einem Ortstermin soll jetzt geklärt werden, ob die US–Militärfahrzeuge trotz der Blockade über andere Wege auf das Flughafengelände hätten gelangen können. Überraschend schnell werden die Teilnehmer der Cruise–Missile–Blockade zur nächsten Instanz geladen. In drei Prozessen im April, Mai und Juni dieses Jahres hatte Richter Göttgen vom Amtsgericht Simmern mit gleichlautendem Tenor bislang 11 Teilnehmer wegen „gemeinschaftlicher Nötigung“ verurteilt. Über 100 Verfahren in der gleichen Sache stehen hier noch aus. Die erste Berufungsverhandlung wird am 20. Juli um 9 Uhr gegen drei Pfarrer und eine Sozialpädagogin durchgeführt. Unter den Angeklagten befindet sich auch der Beller Pfarrer Karl–August Dahl, der als regionale Symbolfigur des Widerstands gegen die Atomraketen gilt. Derweil gehen auch die erstinstanzlichen Verfahren wegen der Hasselbach–Blockade weiter: Am Mittwoch um 9.30 Uhr sind sechs Angeklagte vor das Simmerner Amtsgericht geladen.