Zwischen den USA und Kuba tobt ein hitziger Propagandakrieg

■ Nach der Flucht des kubanischen Luftwaffengenerals eröffnete der CIA–Sender „Radio Marti“ eine Propagandakampagne gegen Kuba / Berichte über kubanische Soldaten in Angola

Aus Managua Georg Hodel

Seit Montag vergangener Woche liefern sich der exklusiv nach Kuba strahlende CIA–Sender „Radio Marti“ in Miami und die kubanischen Medien einen hitzigen Propaganda–Krieg, der möglicherweise die Ausweisung verschiedener US–Diplomaten in Havanna nach sich ziehen könnte. Dies jedenfalls prophezeihen Beobachter der seit der Desertion des ehemaligen kubanischen Luftwaffenchefs Rafael Del Pino, wieder äußerst gespannten Beziehungen zwischen Washington und Havanna. Auftakt zu der erbitterten Äther–Schlacht bildete ein von „Radio Marti“ ausgestrahltes Interview mit Rafael Del Pino, der von einer tiefen Desillusionierung breiter Bevölkerungskreise in Kuba über den Fortgang der Revolution und über „massenhafte“ Desertionen bei den in Angola stationierten kubanischen Truppen sprach. Die Antwort aus Kuba ließ nicht lange auf sich warten. In einer vergangene Woche unter dem Titel „Der Krieg des CIA gegen Kuba“ vom kubanischen Fernsehen ausgestrahlten TV–Serie werden 38 von 69 der seit 1977 für die nordamerikanische Interessenvertretung tätigen oder tätig gewesenen US–Diplomaten als Mitar beiter des US–Geheimdienstes CIA bezeichnet. Die Fotos dieser US–Diplomaten, begleitet von einer Kurzbeschreibung ihrer gegen Kuba gerichteten Aktivitäten und geheimdienstlichen Umtriebe, prangten tags darauf auch in der kubanischen Parteizeitung Granma. Seit wenigen Tagen sendet der CIA–Sender „Radio Marti“ auch regelmäßig Berichte über das Kriegsgeschehen in Angola. Absicht ist junge Berufssoldaten der „Revolutionären Streitkräfte“ und Mütter in Kuba dahingehend zu beeinflussen, sich nicht für einen Freiwilligeneinsatz in Angola zu melden. Der Freigabe der Angola–Sendungen war ein politisches Tauziehen zwischen „Radio Marti“–Direktor, Jorge Mas Canosa, und dem Unterstaatssekretär für Afrika–Angelegenheiten im State Department, Chester Crocker, vorangegangen. Crocker, der noch diesen Monat eine diplomatische Reise nach Afrika unternehmen wird, hatte bei verschiedenen Gelegenheiten erfolgreich beim CIA und der Propaganda–Abteilung des Weißen Hauses (USIA) interveniert, um die Austrahlung eines provokativen Kriegsberichtes aus Angola zu verhindern. Crocker versucht seit 1982 im Auftrag der US–Regierung im Konflikt zwischen Angola und Südafrika zu vermitteln und sieht seine diplomatische Mission durch das aggressive Auftreten von „Radio Marti“ gefährdet. Am Freitag vergangener Woche hat nun US–Präsident Reagan entschieden, die umstrittenen Angola–Berichte von „Radio Marti“ ausstrahlen zu lassen. Für den ehemaligen Geschäftsträger der diplomatischen Mission in Havanna Wayne Smith, der 1982 wegen tiefen Meinungsverschiedenheiten zwischen ihm und dem Weißen Haus von Ronald Reagan abberufen worden war, haben die Beziehungen zwischen Kuba und den USA einen absoluten Tiefpunkt erreicht. Die Berichte über die angeblichen Geheimdienstaktivitäten der US–Diplomaten auf Castros real– sozialistischer karibischer Zuckerinsel interpretiert Smith als „kumulierte Gegenreaktion“ auf die Ausweisung verschiedener kubanischer Diplomaten und auf das Einreichen eines Berichtes der US–Regierung über Menschenrechtsverletzungen in Kuba bei der UNO in Genf im Frühjahr dieses Jahres. „Es wäre den Interessen beider Seiten besser gedient, wenn die Propaganda–Schlacht im Äther eingestellt und das diplomatische Gespräch zwischen den beiden Staaten gesucht werden würde“, erklärte Smith.