Wieder „boat people“ an der kanadischen Küste gestrandet

■ 174 Flüchtlinge aus Südostasien erreichten über den Seeweg das „gelobte“ Asylland Kanada / Asylbewerber nach eigenen Angaben Sikhs / Deutsche Reisepässe und Kleider made in Germany

Yarmouth (ap/wps/taz) - Nachdem im letzten Jahr eine Gruppe von 152 tamilischen Asylbewerbern aus der Bundesrepublik nach einer dramatischen Schiffsreise in Kanada um politisches Asyl nachgesucht hatte, ist jetzt erneut eine größere Flüchtlingsgruppe an der kanadischen Küste gelandet. Die 174 aus Asien stammenden Flüchtlinge sind vermutlich in Sichtnähe der kanadischen Küste von einem Frachter aus in ein kleineres Boot umgestiegen und am frühen Sonntag morgen in der Nähe der Stadt Charlesville gelandet. Über die Herkunft der Flüchtlinge gab es bisher noch keine klaren Angaben. Ein deutscher Rei sepaß und Kleider und Decken mit dem Etikett „made in Germany“ im Gepäck der Flüchtlinge hatten zunächst Spekulationen genährt, daß es sich bei der Gruppe - genau wie im vergangenen Jahr - um Tamilen aus der Bundesrepublik handele. Die Flüchtlinge selber gaben jedoch an, der Religionsgemeinschaft der indischen Sikhs anzugehören und am 20. Mai Indien verlassen zu haben. Mit einem Frachter unbekannten Namens, nach dem die kanadischen Behörden jetzt fahnden, seien sie direkt aus Indien bis an die kanadische Küste gebracht worden. Im letzten Jahr hatten allerdings auch die aus der Bundesrepublik kommenden Tamilen zunächst angegeben, sie seien direkt aus Indien gekommen, um ihren Kapitän und ihren Fluchtweg aus dem Städtchen Brake an der Weser nicht zu verraten. Die Bewohner des Ortes Charlesville berichteten, die 174 Flüchtlinge wären bei guter Gesundheit gewesen und hätten offenbar geglaubt, man habe sie in der Nähe des 1.500 Meilen entfernt liegenden Toronto an Land gesetzt. Die Flüchtlinge wurden zunächst unter strenger Bewachung in einem Militärlager untergebracht. Im letzten Jahr hatte die Odyssee der tamilischen Flüchtlinge in der Bundesrepublik eine breite Diskussion über das sogenannte „Schlepperunwesen“ ausgelöst. Dem Kapitän des Fluchtschiffes waren damals juristische Konsequenzen angedroht worden, die sich jedoch als haltlos erwiesen. In Kanada war die Flucht der Tamilen aus der Bundesrepublik ein Auslöser für strengere Einwanderungsbestimmungen geworden, die zur Zeit noch im kanadischen Unterhaus beraten werden. Bislang ist Kanada noch eines der Länder mit den liberalsten Asylbestimmungen der Welt, das den Flüchtlingen relativ gute Aufenthalts– und Arbeitsbedingungen bietet. So sollen nach Angaben der kanadischen Regierung bisher alle 152 Tamilen, die vor einem Jahr mit ihrer Flucht für Aufsehen sorgten, inzwischen eine Arbeitsstelle haben. Ve.