Der Präsident kann aufatmen

■ Poindexter entlastet Reagan in Sachen Irangate / Aus Washington Stefan Schaaf

Der frühere Sicherheitsberater des US–amerikanischen Präsidenten, John Poindexter, nahm vor dem Untersuchungsausschuß des Kongresses die Verantwortung für die Iran–Contra–Affaire auf sich. Reagan selbst ist damit entlastet, aber die Tatsache bleibt, daß seine Administration demokratische Regeln verletzt hat.

Was denn daran neu sei, fragte US– Präsident Reagan am Mittwoch, als er von der Aussage John Poindexters erfuhr, die Reagan von der Mitwisserschaft an der politisch explosiven Form der Contra–Finanzierung durch Oliver North freisprach. „Das habe ich doch schon seit sieben Monaten gesagt.“ Ronald Reagan darf sich glücklich schätzen, daß ihm wenigstens in diesem Fall nicht nachgewiesen wurde, die Unwahrheit gesagt zu haben. Fast alle seine übrigen Behauptungen im Zusammenhang mit dem Irangate–Skandal sind inzwischen widerlegt worden. Es habe keinen Handel von Waffen gegen Geiseln gegeben; die in den Iran gelieferten Waffen hätten in ein einziges Flugzeug gepaßt; es seien keine Drittländer in die Initiative einbezogen gewesen; es habe keine Verbindung der US– Regierung zur Nachschuboperation Eugene Hasenfus bestanden; er habe nichts von Oliver Norths Bemühungen gewußt, von privaten Spendern große Summen für die Contra zu erhalten - all dies hat Reagan in den vergangenen sieben Monaten erst behauptet und dann später zurücknehmen müssen. Der politische Schaden für seine Präsidentschaft ist bereits unübersehbar, zwei Drittel der Bevölkerung gaben zuletzt in Umfragen an, seinen Beteuerungen nicht mehr zu glauben, und eine ebenso große Zahl hat das Gefühl, daß ihr Land vom richtigen Weg abgekommen sei. Doch Reagan kann hoffen, daß er nun das Schlimmste überstanden hat. Sein im vergangenen November über die Iran/Contra–Affaire gestürzter Sicherheitsberater Poindexter hat am Mittwoch die Verantwortung für die schwerwiegendste Entscheidung der gesammten Iran–Initiative übernommen, als er aussagte, die Verwendung von Geldern aus dem Waffenverkauf an den Iran zur vorübergehenden Finanzierung der Contra genehmigt und entschiedenzu haben und dem Präsidenten nichts davon zu berichten (siehe Dokumentation). Weil er die Contra in großen Schwierigkeiten wähnte, sei er „stark versucht gewesen“, den Präsidenten doch noch zu informieren, er habe es dann aber unterlassen, um den Präsidenten zu schützen. Er habe vorausgesehen, daß sein und Norths Vorgehen heftige politische Kontroversen auslösen würden, falls der Plan bekannt würde. Er habe allerdings gehofft, daß es niemand erfahren würde. Ebenfalls nicht an die Öffentlichkeit dringen sollte ein Dokument, das Reagan im Dezember 1985 unterzeichnet hatte und an das ihm bis heute jede Erinnerung fehlt. Darin genehmigte Reagan nachträglich die Hilfestellung der CIA bei zwei Waffentransfers aus Israel an den Iran. Poindexter sagte, in dem Dokument sei eindeutig von einem Tauschhandel die Rede gewesen, nämlich amerikanische Geiseln im Libanon gegen amerikanische Raketen für den Iran. Das Papier habe er im November vergangenen Jahres wiedergefunden und vernichtet, da es für den Präsidenten sehr peinlich gewesen sei. „Ich habe es zerrissen und in eine Tüte zum Verbrennen geworfen“, sagte der pfeiferauchende Konteradmiral in nüchternem Ton, als sei es das Selbstverständlichste der Welt. Poindexters Stil war Meilen von Oliver Norths theatralischem Pathos entfernt, trocken, sachlich und präzise kamen seine Aussagen, als Komitee–Anwalt Liman mit ihm durch die Chronologie der Affaire ging. Wie schon am Vortag Robert McFarlane ließ auch Poindexter Zweifel an vielen Aussagen Norths aufkommen; an vieles, was der Oberstleutnant behauptet hatte, fehlte Poindexter die Erinnerung.